Xavier Le Roy
Valeska-Gert-Gastprofessor im Sommersemester 2009
Der französische Choreograf Xavier Le Roy, ein promovierter Molekularbiologe, hat einen untypischen Werdegang zum Choreografen. Unzufrieden mit einer akademischen Haltung in der naturwissenschaftlichen Forschung, die nicht mehr die Neugierde und das Fragen, sondern die Produktorientierung in den Mittelpunkt rückt, beginnt er sich nach Alternativen umzusehen und kommt so, zunächst, um einen physischen Ausgleich zu finden, zum Tanz. In seiner "Lecture Performance" Product of Circumstances im Jahr 1999 bemerkt er dazu: "Das Denken wurde zu einer körperlichen Erfahrung. Mein Körper war zugleich (...) Objekt und Subjekt, Analysierender und Analysierter, Produkt und Produzent."
Die forschende Haltung dem Körper und der Kunst gegenüber ist von Beginn an in Le Roys nun choreografischem Schaffen präsent: International bekannt wird er ab 1998 mit dem Solo-Projekt Self Unfinished, in dem er Konfigurationen des Körpers entwickelt, die bis dahin im Tanz nicht zu sehen waren: Eine Versuchsanordnung wie im Labor, in einem weißen Raum mit hellem Neonlicht, in dem sich der Körper des Performers in einem unablässigen Stadium der Metamorphose befindet und Körperbilder generiert, die zuweilen an amphibische Wesen oder Insekten erinnern.
In den vergangenen Jahren hat sich der Choreograf zunehmend der Musik zugewandt und untersucht in Stücken wie Mouvements für Lachenmann (2005) und Le Sacre du Printemps (2007) die Verhältnisse von Klang, Hören und Bewegungserzeugung.
Das fragende Forschen ist dabei eine Linie, die sich wie ein roter Faden durch Le Roys Arbeiten zieht: Und so wird er auch am Institut für Theaterwissenschaft kein in Stein gemeißeltes Wissen vermitteln, sondern die Studierenden animieren, Kategorien zu erschüttern und das Denken in Bewegung zu bringen.
Quelle: Auszüge aus einem Artikel von Susanne Voellmer (Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Theaterwissenschaft) in der Tagesspiegel-Beilage vom 18.04.2009
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