Edouard Louis (SoSe 2018)
Édouard Louis: „History of literature, history of violence“
Sommersemester 2018, Di 14-16 Uhr ab dem 29. Mai 2018 im Raum KL 29/237
Informationen zur Antrittsvorlesung am 02. Juli 2018 im Raum KL 32/123 finden Sie hier.
Der französische Schriftsteller Édouard Louis hat im Sommersemester 2018 die 39. Samuel Fischer-Gastprofessur am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin inne. Édouard Louis ist Autor von zwei Romanen und mehreren Essays sowie Herausgeber von zwei Bänden zu Foucault und Bourdieu. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit ist er insbesondere für sein politisches Engagement bekannt. Seit 2016 lehrt Édouard Louis als Fellow am Dartmouth College in den USA. Sein Debütroman En finir avec Eddy Bellegueule (Seuil 2014, dt. Das Ende von Eddy, Fischer 2015) wurde im Erscheinungsjahr für den renommierten Prix Goncourt du premier roman nominiert und wurde mit dem Prix Pierre Guénin contre l’homophobie ausgezeichnet.
Édouard Louis wurde 1992 in Hallencourt, einem französischen Dorf in der Picardie mit dem Namen Eddy Bellegueule geboren, den er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans ablegte und in Édouard Louis änderte. Er studierte Philosophie und Soziologie an der École Normale Supérieure, der École des Hautes Études et Science Sociales und an der University of Picardy. Édouard Louis ist Autor von zwei Romanen, mehreren Essays und Artikeln, darunter der Artikel „Why My Father Votes for Le Pen“ (2017), der in der New York Times erschien. Édouard Louis ist Herausgeber der sozialwissenschaftlichen Bände Pierre Bourdieu. L'insoumission en héritage (PUF 2013) und Foucault contre lui-même (PUF 2014). Heute lebt er in Paris, wo er hauptberuflich als Schriftsteller arbeitet.
Édouard Louis‘ literarisches Werk setzt sich mit sozialer und struktureller Gewalt auseinander. Seine autobiografischen Romane En finir avec Eddy Bellegueule und Histoire de la violence (Seuil 2016, dt. Im Herzen der Gewalt, Fischer 2016) versteht Louis als „Teil desselben politischen Projektes“ (Financial Times 2017). Beide Romane wurden bereits mehr als zwanzigmal übersetzt. In En finir avec Eddy Bellegueule schildert Louis die Leiden eines homosexuellen Kindes mit dem Namen Eddy Bellegueule, das täglich mit Gewalt in Form von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung konfrontiert wird und schließlich aus seiner Heimat flieht. Der Roman gilt als Milieuporträt des "Front National", der in Hallencourt, dem Geburtsort Louis‘, in dem auch der Roman spielt, mehrheitlich gewählt wird. Der autofiktionale Charakter des Romans sowie seine sozialkritische Perspektive, die sich aus Theorien Pierre Bourdieus speist, wurden in der Kritik besonders gewürdigt. Der Schriftsteller und Soziologe Didier Eribon bezeichnet den Debütroman gar als „literarischen Schock“ und seinen Autor als „einen der bemerkenswertesten Schriftsteller seiner Generation“. Auch innerhalb der politischen Welt Frankreichs erregte der Roman Aufsehen: Höchst relevant für den politischen Diskurs gewann dieser schließlich den Prix Pierre Guénin contre l’homophobie. En finir avec Eddy Bellegueule wurde bereits in mehreren Theatern inszeniert, eine Adaption wird im Frühjahr 2018 auch an der Berliner Schaubühne zu sehen sein.
Auch Louis‘ zweiter Roman steht in der Nähe zu sozialphilosophischen Theorien: Histoire de la violence verweist mit seinem Titel auf die Schriften Michel Foucaults, in dessen Werk institutionelle Konfigurationen von Macht und Gewalt im Zentrum stehen. Im Roman beschreibt Louis die Ereignisse um seine Vergewaltigung. Louis‘ Anliegen war es mit dem Roman „aus der Gewalt einen literarischen Ort zu machen“ (Süddeutsche Zeitung 2017). Der Roman „ist eine Mischung aus Selbst- und Gesellschaftsanalyse“ (Tagesspiegel 2017). Im Jahr 2018 wird ein weiterer Roman mit dem Titel Qui a tué mon père bei Édition du Seuil erscheinen. Überdies erscheint eine Veröffentlichung des Austauschs mit dem Philosophen und Soziologen Geoffroy de Lagasnerie mit dem Titel Conversation avec Geoffroy de Lagasnerie bei PUF.
Im Rahmen seines politischen Engagements veröffentlichte Louis bereits im Jahr 2015 zusammen mit dem Philosophen und Soziologen Geoffroy de Lagasnerie ein „Manifest für eine intellektuelle politische Gegenoffensive“, in dem beide den Einsatz der Intellektuellen gegen politisch rechte Parteien fordern. Im Jahr 2016 schrieben Louis und de Lagasnerie einen offenen Brief an den Politiker Manuel Valls, in dem sie der Politik Untätigkeit angesichts der bestehenden terroristischen Bedrohung attestierten.
Als 39. Samuel Fischer-Gastprofessor wird Édouard Louis im Sommersemester 2018 ein Seminar mit dem Titel „History of literature, history of violence“ am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft unterrichten. Das Seminar wird sich damit auseinandersetzten, inwiefern Autoren und Autorinnen wie Marguerite Duras, Michel Foucault, Toni Morrison, Svetlana Alexievitch und andere den Begriff der Gewalt definieren und ihn literarisch verarbeiten. Dabei soll untersucht werden, inwiefern unterschiedliche Formen von Gewalt die Welt prägen und die Wahrnehmung dieser beeinflussen. Die Frage danach, ob Literatur eine spezifische Art von Gewalt schafft, soll ebenfalls diskutiert werden. Das Seminar wird ab dem 29. Mai jeweils dienstags von 14-16 Uhr in englischer Sprache stattfinden.