Beatrice Feder
„Any Träne im Knopfloch“. Vicki Baum als translinguale Autorin
Raum Raum JK 33/125
14195 Berlin
Beatrice Feder absolvierte ihr Bachelorstudium im Bereich Fremdsprachen und Literaturen sowie ihr Masterstudium in Neuere Deutsche Literatur an der Ca’ Foscari Universität in Venedig.
Über das Erasmus Program studierte sie 2016 ein Semester an der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster und 2019 erhielt sie ein Stipendium der Heinrich-Heine-Universität für einen Studien- und Recherchenaufenthalt in Düsseldorf. Darüber hinaus engagierte sie sich während des Masterstudiums in Venedig als Tutorin für "Deutsche Sprache" und "Deutsche Literatur" und beteiligte sich an italienischen Übersetzungen von Emine Sevgi Özdamars Erzählungen Der Hof im Spiegel und Fahrrad auf dem Eis (geleitet von Prof. Dr. Stefania Sbarra und veröffentlicht beim Verlag Cafoscarina im März 2018). Im Sommer 2020 absolvierte sie ihren Master mit einer Arbeit zur zeitgenössischen deutschsprachigen Migrationsliteratur, in der sie sich mit Texten von Jenny Erpenbeck, Ilija Trojanow und Saša Stanišić beschäftigt hat.
Seit Oktober 2021 promoviert sie als DAAD-Stipendiatin an der Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule.
Funktionen an der Graduiertenschule
WiSe 2021/2022 und SoSe 2022: Sprecherin der Promovierenden
WiSe 2022/23: Mentorin für Internationale Doktorand:innen
Veranstaltungen
Vorträge
Herkunft erzählen: Saša Stanišić und das Spiel der literarischen Möglichkeiten. Tagung: Literatur zwischen Migration und Globalisierung, Ca’ Foscari Universität Venedig, 12.-13.05.2022.
„Schreibmaschinen gibt’s ja genug im Hotel.“ Einführung zu Vicki Baums Menschen im Hotel. Gastvortrag im Seminar: „Gabriele Tergits Gerichtsreportagen im Kontext der Neuen Sachlichkeit“, geleitet von Dr. Sophie König, 08.01.2024.
„Born to the tongue“? Vicki Baum als translinguale Autorin. Tagung: Vicki Baum und Amerika, Frankfurt am Main 10.-12.04.2024.
Organisation
Workshop: Das Hotel in Literatur und Film, 1900 · 2000, Freie Universität Berlin, 20.01.2023 (mit Pavlos Dimitriadis) https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/friedrichschlegel/aktivitaeten/Workshops_Tagungen_Vortraege/termine/2023/2023-01-20-workshop-hotel.html
Jahrestagung der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien: „The Final Countdown.“ Ästhetik und Politik von Weltuntergängen, Freie Universität Berlin, 17.–18.11.2023 (mit Carla Dalbeck, Chiara Liso, Rahel Stennes, Insa Wichert, Luca Lil Wirth und Carole Zoungrana). https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/friedrichschlegel/aktivitaeten/jahrestagung/2023/index.html
Spätestens seit dem sogenannten multilingual turn der 1990er Jahre stellen literarische Texte, die aus einer geographisch, kulturell oder konfessionell geprägten Mehrsprachigkeit der Autor:innen entstehen, einen ergiebigen Forschungsgegenstand der Literaturwissenschaft dar. Mehrsprachige Texte spiegeln ihrerseits komplexe kulturelle Realitäten wider und sind häufig Ausdruck spezifischer Erfahrungen kultureller und geographischer Grenzüberschreitungen, die literarisch verarbeitet werden. Aus der Mehrsprachigkeitsforschung hat sich das Spezialgebiet der Translingualitätsforschung entwickelt: Diese konzentriert sich insbesondere auf Autor:innen, die im Laufe ihres Lebens dazu kommen, in einer (oder mehreren) anderen Sprache(n) als ihrer Muttersprache zu schreiben. Durch einen Sprachwechsel in der Schreibpraxis werden translinguale Autor:innen oft damit konfrontiert, ihre eigene Identität sowie ihre kulturelle und literarische Zugehörigkeit herauszufordern und zu hinterfragen. Die zeitgenössische Literatur ist signifikant von transkulturellen und translingualen Autor:innen geprägt: Mit Blick auf die deutschsprachige Literaturlandschaft sind hier beispielsweise Yoko Tawada, Emine Sevgi Özdamar, Olga Grjasnowa, Saša Stanišić und Ilja Trojanow zu nennen.
Das Dissertationsprojekt „Any Träne im Knopfloch“. Vicki Baum als translinguale Autorin folgt einer gegenläufigen Bewegung: Nicht das translinguale Schreiben von Schriftsteller:innen, die in der deutschen Sprache eine neue oder andere Heimat gefunden haben, wird untersucht, sondern die Erfahrung der österreichisch-amerikanischen Autorin Vicki Baum, die 1932 aus dem deutschsprachigen Raum emigrierte und sich dauerhaft in den USA niederließ. Dies geschah nicht zuletzt deshalb, weil sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft aus dem Deutschen Reich ausgebürgert und als „Asphaltliteratin“ verfemt wurde. In den USA gab Vicki Baum Anfang der 1940er Jahre ihre deutsche Muttersprache auf und schrieb ihre Romane konsequent auf Englisch weiter. In dieser Sprache verfasste sie elf Romane, darunter Marion Alive, The Weeping Wood, Hotel Berlin ’43, Danger from the Deer und The Mustard Seed sowie diverse Kurzprosa unterschiedlicher Art. Das Dissertationsprojekt knüpft damit an das benannte Forschungsfeld der Mehrsprachigkeit bzw. Translingualität in der Literatur an und verortet sich zugleich innerhalb der deutschen transnationalen Exilliteratur des 20. Jahrhunderts. Ziel ist es, den literarischen Sprachwechsel der österreichisch-amerikanischen Autorin unter die Lupe zu nehmen und dessen Spezifika herauszuarbeiten.
Im ersten Teil der Untersuchung werden folglich die biographischen und historischen Hintergründe vom Sprachwechsel Vicki Baums beleuchtet, während im zweiten Teil repräsentative Romane aus ihrer amerikanischen Zeit analysiert werden. Hierbei werden die englischsprachige Originaltexte in einen „translingualen Dialog“ mit ihren früheren deutschsprachigen Romanen gesetzt. Zentrale Fragestellungen der Untersuchung sind dementsprechend: Was bedeutet es für Vicki Baum, als etablierte Autorin ihre literarische Sprache zu wechseln? Welche Schreibstrategien sucht sie, um sich sprachlich und stilistisch innerhalb der englischsprachigen Literatur zu situieren? Bestehen Kontinuitäten zwischen ihren deutschsprachigen und ihren auf Englisch verfassten Texten? Setzt sich die Autorin mit der spezifischen US-amerikanischen Literaturtradition in Dialog? Wie lässt sich ihre Position innerhalb der Exilgemeinschaft aus Europa in Los Angeles beschreiben? Diese und weitere Fragen, die mit ihrer transkulturellen Identität und ihrem translingualen Schreiben zusammenhängen, werden in der Dissertation behandelt.