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Neues aus der Lehre

Theater als Dienstleistung? Als Werkzeug? Kunsthandwerk in Unternehmen? Entraubt seiner künstlerisch-ästhetischen Qualitäten oder vielmehr Träger einer ganz besonderen, intensiven ‚Ästhetik des Angewandten’? Eine theatrale, ‚heilsame’ Antwort auf die Herausforderungen der postmodernen Arbeitswelt? Oder ein Symptom der selbigen? Wie wirkt es? Wie sieht es aus? Wer praktiziert es?

Antworten auf diese und zahlreiche weitere Fragen suchen im Wintersemester 2015/16 35 engagierte Studierende am Institut für Theaterwissenschaft. Sie besuchen das Proseminar Theatre in and for Business – Zur ästhetischen, ethischen und politischen Dimension ‚angewandten’ Theaters in Unternehmen.

Die Lehrveranstaltung beleuchtet die seit den 1990er Jahren verstärkt stattfindende Annäherung von Wirtschaft und Theater, die sich auf Theaterseite in der Ausbildung professioneller Unternehmenstheateranbieter zeigte – und zeigt. Bis heute bringen auf Betriebsthemen spezialisierte Theatermacher ihr Know-How in Firmen und Organisationen. Im Rahmen spezieller Veranstaltungen versuchen sie unter anderem zur Verbesserung der Kommunikation, zur Steigerung der Mitarbeitermotivation, zur Einstimmung auf Veränderungsprozesse oder zur Personalentwicklung beizutragen.

Das Seminar, das unmittelbar aus dem ERC-Projekt The Aesthetics of Applied Theatre entwachsen ist, widmet sich diesen theaterwissenschaftlich bisher nur wenig untersuchten Formen ‚angewandten’ Theaters in und für Unternehmen auf verschiedenen Wegen. Es vermittelt einschlägige theoretische Konzepte und verknüpft diese mit jüngsten Erkenntnissen aus der projekteigenen Feldforschung. Weiterhin stellt die Berührung mit der Praxis ein ganz wesentliches Element des Kurses dar. So bekommen die Studierenden die Gelegenheit, im Rahmen von Exkursionen und Gesprächsrunden mit den Anbietern von Theater in Unternehmen (z.B. Regisseur*innen, Schauspieler*innen, Autor*innen, usw.) in Kontakt zu kommen. Durch Probenbeobachtungen aktueller Produktionen lernen sie zudem konkrete Beispiele für ‚angewandtes’ Theater in Unternehmen kennen und sich mit Ihnen analytisch auseinanderzusetzen.

Und dass sich die Studierenden mit dieser Thematik auseinander setzen wollen, zeigen diese unterschiedlichen Statements dreier von ihnen, die wir gefragt haben, warum sie das Seminar besuchen, was sie an der Thematik interessiert und welche Gedanken sie zu Theater in Unternehmen haben.

Studentin:

„Grundsätzlich bin ich an ‚angewandtem’ Theater interessiert. Bei der Thematik in Unternehmen finde ich spannend, dass dieser Zweig von der Wissenschaft bisher eher ausgeklammert wurde. Persönlich find ich Theater im Unternehmen ein interessantes Mittel, um diverse Unternehmensziele zu erreichen und Lernprozesse oder Teambildung zu unterstützen. Die moralische Fragwürdigkeit sehe ich als mögliches Problem, denke aber hier kommt es viel auf die jeweilige Anwendung an. Ich habe mich für dieses Seminar entschieden, weil ich Interesse an verschiedenen Formen des Applied Theatre als möglichem Berufsfeld habe und erhoffe mir, im Anschluss ein besseres Verständnis für dieses Thema zu besitzen.“

Student:

„Die Wirkung und Theater als Sinnträger liegt schon immer in meinem Fokus während des Studiums. Interessant finde ich hierbei auch die Rolle des Zuschauers und verschiedene Wege seiner ‚Aktivierung’. In ‚angewandtem’ Theater ist es interessant zu sehen, wie mit Sinn und Zuschauer gearbeitet wird. Durch das Seminar erhoffe ich mir zu erfahren, welche Formen es gibt oder möglich sind, auf welchem Niveau sich diese Form in ihrer Komplexität bewegt und inwiefern diese Arbeit Früchte trägt. Nach meinem derzeitigen Erkenntnisstand bin ich der Meinung, dass Theater in Unternehmen an sich ein sinnvolles Mittel sein kann, es aber gerade in der Ausführung noch erheblicher Raum nach oben besteht. Auch das Potenzial diese Theaterarbeit für Schaffende attraktiver zu machen ist vorhanden.“

Studentin:

„Ich besuche das Seminar, da ich in einem größeren Unternehmen gearbeitet habe und mich auch betriebswirtschaftliche Themen interessiere. Die Thematik ‚Theater in Unternehmen’ ist deswegen interessant, da es diese zwei komplett unterschiedlichen Bereiche – den kreativen und den wirtschaftlichen – miteinander verknüpft. Den Einsatz von Theater in Unternehmen finde ich problematisch, da Unternehmen das Theater beauftragen und diese die Vorgaben geben und somit eine mögliche Manipulationsgefahr gegenüber den Mitarbeitern besteht. Andererseits könnten aber auch auf diese Weise Konflikte auf eine unterhaltsame und entspannte Art gelöst werden. Hier kommt es auf das Unternehmen und die Intention an. Des Weiteren bin ich der Meinung, dass ein authentisches Improvisationstheater mit Mitarbeitern aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses Arbeit/Geld nicht ganz so einfach ist.“

 

(Januar 2016)