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Lange Nacht der Wissenschaften 2016

Byzantinische Musik – „Wir wussten nicht, waren wir im Himmel oder auf Erden“

Link zur Veranstaltung: Byzantinische Musik in Theorie und Praxis: Es wird anhand einer Live-Darbietung byzantinischer Hymnen die orthodoxe Kirchenmusik des Ost-Römischen Reiches erläutert und illustriert.

Thematische Einführung und musikalische Leitung: Manolis Marudis

Hörbeispiele:

 

Der Byzantinischen Musik, ein meist unterschätztes Erbe europäischer Musikgeschichte, lag bereits im 7. Jahrhundert n. Chr. eine komplex ausgebildete Theorie zugrunde. Die Musik beruht auf natürlichen Tonabständen und umfasst somit ein sehr viel farbenreicheres Klangspektrum als die Klassische Musik Europas. Bis heute wird sie aktiv flächendeckend in weiten Teilen unseres europäischen Kontinents gepflegt, und zwar in den byzantinisch geprägten orthodoxen Kirchen.

Während der byzantinische Kaiserhof die Instrumentalmusik teilweise pompös inszenierte, so stammt etwa unsere Orgel aus Byzanz und war dort ausschließlich dem Kaiser vorbehalten, kannte – und kennt – die sogenannte „Göttliche Liturgie“ nur die reine Vokalmusik. „Durch [Christus] preisen wir dich, [Gott,] in österlicher Freude und singen mit dem Chor der Engel das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig, heilig, heilig!“ – so das Verständnis der orthodoxen Tradition. Aus diesem Grund wurde kirchliche Musik allein mit Menschenstimme, den Engeln gleich, vorgetragen; bis heute. Dazu ist die byzantinische Musiktradition eine monodische, d. h. Hymnen und Psalmen werden einstimmig gesungen.

Dabei entwickelte sich ein kompliziertes System von sog. primären und sekundären Kirchentönen („Melodie-Skalen“), deren Ursprünge und Einflüsse bis heute nur unzureichend erforscht sind. So ähnelt die ostkirchliche Musik klanglich durchaus dem hierzulande besser bekannten Gregorianischen Gesang, doch weist sie einen Bordun auf, den Grundton zur Begleitung der Melodie. In dieser Hinsicht wiederum zeigt sie orientalische Einflüsse, denkt man etwa an das Lyraspiel der Schwarzmeer-Griechen (Pontos) mit seinem penetranten Grundton oder an die Melodien diverser orientalischer Blasinstrumente.

Als im Jahre 988 Gesandte des Kiewer Rus dem weihnachtlichen Mönchsgesang in der Hagia Sophia der Hauptstadt Konstantinopel lauschten, erzählten sie später ihrem Herrscher Wladimir: „Wir wussten nicht, waren wir im Himmel oder auf Erden. Denn auf der Erde gibt es einen solchen Anblick nicht oder eine solche Schönheit. Wir vermögen es nicht zu beschreiben. Nur das wissen wir, dass Gott dort [d. h. bei den Orthodoxen] bei den Menschen weilt.“ Wladimir hatte sie ausgeschickt, um herauszufinden, welche Religion die richtige für das große russische Reich sei; daher zogen seine Abgesandten vom Gottesdienst im lateinischen Abendland zu den Juden, ja, selbst bei den Muslimen waren sie − doch nichts beeindruckte sie so sehr wie der Gottesdienst in der byzantinischen Hauptkirche des Reiches.

In der „Langen Nacht der Wissenschaften“ wollen wir Sie mitnehmen auf eine Reise „in den Himmel auf Erden“, indem wir Sie einführen in eine der beeindruckendsten Musikformen, die seit über 1500 Jahren aktiv gepflegt und dabei vor allem auf mündlicher Basis weitertradiert wird. Es werden grundlegende Informationen zur Musik, ihren Gattungen und ihrem Aufbau gegeben und diese dann mit praktischen Musikbeispielen des byzantinischen Kirchenchores der Berliner griechisch-orthodoxen Gemeinde untermalt. Ihre Kleinen in den Familien werden uns helfen, den Bordun zu singen, und vielleicht werden Sie sogar am Ende der Veranstaltungen den einen oder anderen Kirchenton wiederkennen.

 

Aktuelles Programm

Das gesamte Programm der Langen Nacht der Wissenschaften 2016 finden Sie auf der offiziellen Website.

 


 

Ort: Freie Universität Berlin (Rostlaube) ∙ Habelschwerdter Allee 45 ∙ 14195 Berlin
Raum: JK 28/130
Zeit: Samstag, 11.06.2016, 20–21 Uhr s. t.

 

Ansprechpartner: Manolis Ulbricht