Gastvortrag von Laura Linzmeier: Kontaktinduzierter Lautwandel und Sprachabbau im Sassaresischen
Abstract
Das Sassaresische, ein im Nordwesten Sardiniens verbreitetes Idiom, ist bis heute als Sprache einer Minderheit innerhalb einer weiteren auf italienischem Boden verbreiteten Sprachminderheit - dem Sardischen - in der Forschung weitestgehend unberücksichtigt geblieben. Mitausschlaggebend für die nur zögerliche Annäherung der Forschung an dieses Idiom ist sicherlich sein Status als hybride Kontaktvarietät: Das Sassaresische, das seit dem Frühmittelalter stark vom Korsischen, Genuesischen und Pisanischen überlagert wurde, wird aufgrund der asymmetrischen Mischungsverhältnisse im phonetischen, morphosyntaktischen und lexikalischen Bereich von den einen in das sardische Diasystem eingegliedert, von den anderen davon ausgegrenzt.
Die auf Sardinien verbreiteten autochthonen Idiome unterliegen in heutiger Zeit einem schnellen Wandel. Ein entscheidender Grund hierfür ist die sukzessive Ausweitung der Verwendung des Regionalitalienischen als Erst- und Zweitsprache. Die Konsequenz, die sich aus der verminderten Weitergabe der Sprache an die jüngeren Generationen, dem steten Sprachkontakt sowie der Reduktion der Verwendungsbereiche des Sassaresischen ergibt, ist ein äußerst schnell voranschreitender Sprachwandel, der nicht nur mithilfe der klassischen exogenen wie auch endogenen Sprachwandeltheorien beschrieben werden sollte, sondern auch im Hinblick auf die instabile Zweisprachigkeit und die Tendenz zum Monolinguismus im Rahmen der Sprachverfallstheorie (language decay) von Interesse ist.
Das Promotionsprojekt zielt nun auf die Frage ab, in welchem Ausmaß und in welcher Form sich dieser Wandel auf phonetisch-phonologischer Ebene manifestiert. Auf der Basis eines an zwei Explorationspunkten erstellten Datenkorpus soll der Frage nachgegangen werden, ob bzw. in welchem Maße im sprachlichen Verhalten von Voll- und Semisprechern des Sassaresischen Tendenzen zum Lautwandel sichtbar werden. Der Vortrag soll Gelegenheit bieten, den aktuellen Stand des Projektes vorzustellen und Problemfelder zu diskutieren: Der Fokus wird daher auf der Frage nach der Möglichkeit der Systematisierung und Vergleichbarkeit der spontansprachlichen Daten sowie auf dem Umgang mit Schwierigkeiten, die sich aktuell im Bereich der instrumentalphonetischen Anlayse zeigen, liegen.
Laura Linzmeier (Universität Regensburg) hält diesen Vortrag im Rahmen des Forschungscolloquiums der Romanistischen Sprachwissenschaft.
Zeit & Ort
17.12.2014 | 16:15 - 17:45
J 30/109, FU Berlin, Rost- und Silberlaube, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin