Wir trauern um Wolfgang Rihm (1952-2024)
News vom 20.08.2024
Die Freie Universität trauert um den Komponisten Wolfgang Rihm (1952-2024), der seit 1998 als Ehrendoktor der FU verbunden war. Rihm gehörte zu den herausragenden, international anerkannten und vielfach ausgezeichneten Komponisten seiner Generation. Sein Schaffen umfasste alle Gattungen von Solowerken über Kammermusik und Lied, bis hin zu großen Orchester- und Musiktheaterwerken. Bereits als 25- jähriger legte er mit Jakob Lenz (1977) ein Bühnenwerk vor, das in seiner radikalen Expressivität als Schock in der von Serialismus und Materialdenken beherrschten zeitgenössischen Musikszene wirkte. In seinen Auseinandersetzungen mit dem rituellen Theater Antonin Artauds entstanden wegweisende Bühnenwerke wie das Ballet Tutguri (1980), die Oper Eroberung von Mexiko (1992) und der „Versuch eines Theaters“ Séraphin (1993). Vor allem in seinem Schaffen ab den 1990er Jahren suchte Rihm verstärkt den Dialog mit der Musikgeschichte, insbesondere mit den Werken Robert Schumanns und Johannes Brahms‘. Hörbar wird dies etwa in seinen Kommentaren und Einschüben Das Lesen der Schrift (2001) zu Brahms‘ Deutschem Requiem. Äußerst produktiv griff Rihm in seinem Schaffen nicht nur Anregungen aus der Literatur und Philosophie, sondern auch aus der bildenden Kunst auf, etwa in seinem Konzept der „Übermalung“. Dabei wurden neben Werken anderer Komponisten auch eigene Werke oder Werkkomplexe zum Gegenstand Rihms musikalischer Übermalungen und Neukonstellationen. Als Musikdenker äußerte sich Rihm, der abgesehen von Komposition auch Musikwissenschaft studiert hatte und seit 1985 als Professor für Komposition an der Karlsruher Musikhochschule lehrte, immer wieder in sehr lesenswerten Essays und Gesprächen zu Fragen der Musikästhetik und des Musiklebens. Mit Wolfgang Rihm verlieren wir eine profilierte und ästhetisch äußerst vielfältige Künstlerpersönlichkeit. Seine kraftvolle und zugleich zutiefst berührende musikalische Stimme erklingt weiter.