Das Romantisch-Fantastische - The Romantic Fantastic (10. Jahrestagung der Gesellschaft für Fantastikforschung)
Kolleg-Forschergruppe Cinepoetics – Poetologien audiovisueller Bilder und Seminar für Filmwissenschaft
Immer wieder Romantik! Im Herbst 1979 wurde Michael Endes Roman Die unendliche Geschichte in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Bereits den Zeitgenossen Endes erschien die Reise Bastians nach Phantásien und zurück als Beginn eines Wiedererstarkens romantischer Sehnsüchte und Ideen innerhalb der Populärkultur. Beinah zeitgleich entdeckt das US-amerikanische Kino das Genre des Fantasyfilms. Das Motiv der Campbellschen Heldenreise, der zu heilenden Welt und der Verbundenheit aller Dinge wird zum konstitutiven Merkmal der Poetik dieser Filme.
Einerseits erscheinen die entsprechenden Romane und Filme als Antwort auf die Unsicherheit einer bipolaren Welt – die Angst vor der Atombombe und dem nuklearen Fallout als Ultima Ratio des Kalten Krieges – und das einsetzende Bewusstsein von der Verletzlichkeit der Umwelt. Andererseits wurde ihnen, ähnlich ihren berühmten Vorläufern, ein Hang zum Eskapismus und falsch verstandener Innerlichkeit vorgeworfen.
Heute lässt sich bezogen auf die Fantastik ein ähnliches Spannungsfeld beobachten. Erneut scheint sowohl das Potenzial neuerer Fantastik als auch die Kritik an ihr auf einen Kernbestand romantischer Ideen zu verweisen. Wie bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts bietet die Romantik/Fantastik ein Korrektiv zur kühlen, merkantil durchrationalisierten Welt, die keine Geheimnisse mehr kennt. In Anbetracht der zeitgenössischen politischen, ökonomischen und ökologischen Verwerfungen sucht die Fantastik nach Möglichkeiten, die Welt – und den Platz des Menschen in ihr – neu zu denken. Und einmal mehr wiederholen sich die Vorwürfe, dass sich die Fantastik von den harten Fakten und Notwendigkeiten abwende und sich in verkitschte Anderswelten flüchte.
Ausgehend von diesem Befund verfolgt die Tagung zwei Ziele: Erstens will sie der Beziehung zwischen romantischen Ideen, Poetiken und Bildern zu möglichen Genealogien der Fantastik kritisch nachspüren. Was ist gewonnen, wenn man Werke der Fantastik in einer romantischen Tradition verortet? Eröffnet dieser Dialog Möglichkeiten eines vertieften Verständnisses des Nachwirkens der Romantik oder der Poetiken der Fantastik? Zweitens soll das inhärent kritische Potenzial der Fantastik – unter Bezugnahme auf ihre romantischen Ursprünge – auf seine Widerstandskraft hin überprüft werden. Kann das Verhältnis zwischen der alltäglichen Wirklichkeit und den Welten der Fantastik anders gedacht werden als in der Dichotomie von kritischem Realismus und ahistorischem Eskapismus? Ließe sich an ihren Geschichten, Bildern und audiovisuellen Inszenierungen aufzeigen, dass der Vorwurf des politisch Reaktionären und ästhetisch Konservativen schlicht unhaltbar ist – oder bleiben die subversiven Momente ihrer Poetik marginal?
Weitere Informationen zur Konferenz (Anmeldung etc.) finden Sie auf der Konferenzhomepage:
https://www.gff2019.cinepoetics.fu-berlin.de/
Das Konferenzprogramm ist auf auf folgender Seite abrufbar: