Im Rahmen der massiven Straßenproteste, die Ende 2019 in Chile stattfanden, organisierte die feministische Gruppe LASTESIS die Performance “Un violador en tu camino” (“A Rapist in your Path”). In kürzester Zeit ging diese Performance mit ihrer Choreographie und dem prägnanten Text, der den Staat, die Polizei und das Patriarchat als Vergewaltiger angreift, viral und wurde auf zentralen Plätzen großer Städte in der ganzen Welt reinszeniert. Ausgehend von dieser Performance wird sich der Vortrag mit gegenwärtigen und auch historischen Performances und Straßenkunstaktionen (CADA; Yeguas del apocalipsis) in Chile beschäftigen, die seit Diktaturzeiten (1973-1989) politische Freiräume schaffen sowie Minderheiten und unterdrückten Gruppen (wie Frauen, LGBTIQ, indigene Kulturen, in prekären Situationen lebende Menschen, politisch anders Denkende u.a.) agency zu verleihen suchen.

Andrea Kottow ist Professorin für Literaturwissenschaften der Universidad Adolfo Ibáñez, Santiago de Chile. Sie hat 2004 an der Freien Universität Berlin in Medizingeschichte promoviert. Sie forscht über die Bedeutungen und Darstellungen von Krankheit und Gesundheit in der Literatur sowie über die Verbindungen zwischen Literatur und Psychoanalyse, Literatur und Geschlecht.
Sie ist Autorin der folgenden Bücher: Der kranke Mann. Medizin und Geschlecht um 1900, Frankfurt/New York: Campus, 2006; mit Ana Traverso, Escribir & tachar. Narrativas escritas por mujeres (1920-1970) [Schreiben und Durchstreichen. Frauenliteratur in Chile (1920-1970)], Santiago de Chile: Overol, 2020; Fronteras de lo real [Grenzen des Realen], Santiago de Chile: Hueders, 2022; Enfermedades de la modernidad [Krankheiten der Moderne], Santiago de Chile: Ediciones Universidad Alberto Hurtado, 2022.
Derzeit arbeitet sie an einem Projekt zum Thema Schreiben und Geheimnis und ist im Sommersemester 2023 im Rahmen des Global Faculty Programs Gastwissenschaftlerin am Institut für Theaterwissenschaft der FU Berlin.