"Transforming is what art does, but photography that bears witness to the calamitous and the reprehensible is much criticized if it seems ‘aesthetic’; that is, too much like art”, schreibt Susan Sontag in "Regarding the Pain of Others". Insbesondere dann, wenn Kunst, und nicht nur Fotografie, an Austragungsorten von Konflikten und Kriegen geschaffen wird, ist sie nicht nur Zeugin von Leiden sondern auch ein wichtiger sozialer Faktor dafür, Traumatisierung und gesellschaftliche Krisen zu adressieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Im Projekt von Kristin Flade soll das Leiden in den Blick genommen werden, das als Impuls, Inspirationsquelle und ständiger Begleiter künstlerischer Praxis in Palästina und Israel fungiert, einer Region, in der kritische Situationen von Konfliktaustragung und Krieg den Alltag der dort lebenden Menschen prägen. Methodologisch sollen in dieser Arbeit spezifische künstlerische und gesellschaftliche Praktiken phänomenologisch betrachtet werden und in einen kritischen Dialog mit Überlegungen zeitgenössischer ästhetischer, kultureller und politischer Theorie treten.

Dem sehr unterschiedlichen und weiten Feld kreativen Arbeitens in Palästina und Israel soll sich mittels spezifischer Fragestellungen genähert werden: Was bedeutet es, wenn unter solch kritischen Umständen das eigene Leiden die künstlerische Praxis beeinflusst? Welchen Problemen und Verantwortlichkeiten sieht sich eine kunstschaffende Person gegenübergestellt? Unterscheiden sich diese für individuelle und gemeinschaftliche Schaffensprozesse? Wessen Leiden ist es, das ein mögliches Publikum wahrnehmen kann? Spielt das spezifische Leiden überhaupt noch eine Rolle, wenn es erst Eingang in die künstlerische Praxis genommen hat, in und durch sie transformiert wird? Und schließlich soll auch gefragt werden: Gibt es ein Leiden, das auch Gut ist, eines, das in eine Art transformierenden und transformativen Zirkel gerät, in dem es einen Wert besitzen kann, der zugleich ästhetisch, monetär, persönlich, therapeutisch ... ist?