flows
Der Begriff Flow bezeichnet in der „rappenden“ Prosodie der Slam Poetry die Fähigkeit, gereimte Sprache rhythmisch gekonnt zu gestalten. Dieses Prinzip des Flow wurde in der Lyrik von Nuyorican-Poets wie Maggie Estep, Dana Bryant, Sekou Sundiata oder Amir Sulaiman entwickelt und reicht bis hin zu deutschen Rap-Poeten wie Bas Böttcher. Flow zählt dabei zu den sogenannten Skills guter Rapper und bezeichnet deren Fähigkeit, gereimte Sprache rhythmisch zu gestalten, was wiederum für Produktion und Rezeption des Rap zentrale ist (Kautny 2009, S. 144). Dabei unterscheidet Kautny zwischen Off-Beat-Flows, bei denen die Rap-Stimme einen entsprechend hohen Anteil an Off-Beat-Akzenten aufweist, und On-Beat-Flows, bei denen die Rap-Stimme die Akzente vergleichsweise stärker auf die Grundschläge des Begleitpatterns setzt und die Zählzeit 4 durch einen Reim betont. Während Off-Beat-Flows häufig mit neueren, ab den 1990er Jahren aufkommenden Rap-Stilen assoziiert werden (Krims 2001: 43, 49), gilt der On-Beat-Flow als Markenzeichen des Old-School-Raps der 1980er Jahre (ebd.), insbesondere, wenn er mit einer singsangartigen Melodiegestaltung verbunden ist. Hinzu kommt bei Bas Böttcher, dass manche seiner Gedichte durch das Zusammenspiel von rhythmischer Gleichmäßigkeit und Abweichung, von Freiheit und Bindung extrem treibend und fast tanzbar sind.
Eine weitere Gestaltungsweise des Flow ist das der Jazzmusikpraxis entlehnte Double-Time (Pfleiderer 2006: 253), das im Rap jedoch nicht wie im Jazz durch die Verdopplung des Grundtempos von Bass und Schlagzeug bei unverändertem Tempo der Akkordwechsel entsteht, sondern nur durch das beschleunigte Tempo des Raprhythmus gegenüber den konstant bleibenden Begleitpatterns. In der Regel beschleunigt die Rap-Stimme dann von einem 16tel- in ein 32tel-Tempo. Ein weiteres Merkmal ist die die Melodik, etwa bei US-amerikanischen Rappern der 1980er Jahre (Kurtis Blow, Melle Mel) oder im Rap-Stil deutscher Rapper der 1990er Jahre (Die Fantastischen Vier, Fettes Brot). Wichtig ist zudem, dass der Flow in der Regel an den Reim gebunden ist, weshalb man auch vom "rhyme flow" spricht (Kautny 2009, S. 144). Reime können als Off-Beat- bzw. On-Beat-Reime auf unterschiedlichen Akzenten eines Rhythmus positioniert sein (Pfleiderer 2006: 322) und so Klangsilben mit Takt, Metrum und Rhythmus verknüpfen: Bei Iain ‘Ewok’ Robinson etwa sind dies Binnenreime.
Literatur:
Kautny, Oliver: Annäherungen an das Phänomen Flow, in: Felix Hörner/Oliver Kautny (Hrsg.), Die Stimme im HipHop. Untersuchungen eines intermedialen Phänomens, Bielefeld: Transcript Verlag 2009, S. 141—170.
Krims, Adam: Rap Music and the Poetics of Identity (= New Perspectives in Music History and Criticism). Cambridge 2001.
Pfleiderer, Martin. Rhythmus. Psychologische, theoretische und stilanalytische Aspekte populärer Musik. Bielefeld 2006.