László Krasznahorkai - Samuel Fischer-Gastprofessor im Sommersemester 2008
László Krasznahorkai, 1954 geboren, Studium der Philosophie an der Budapester Universität, lebt in Pilisszentlászló (Ungarn). Sein Romanwerk, von Satanstango über Melancholie des Widerstands bis Im Norden ein Berg, im Süden ein See, im Westen Wege, im Osten ein Fluß, wurde mit zahlreichen, auch internationalen, Preisen gewürdigt.
Ausgewählte Bibliographie:
- Satanstango. [Sátántangó.] Hamburg, 1990. Rowohlt.
- Melancholie des Widerstands. [Az ellenállás melankóliája.] Zürich, 1992. Amman.
- In Norden ein Berg, im Süden ein See, im Westen Wege, im Osten ein Fluss. [Északról hegy.] Zürich, 2005. Amman.
- Krieg und Krieg. [Háború és háború.] Frankfurt am Main, 2006. Fischer Taschenbuch Verlag.
Ausgewählte Filmographie:
- Damnation (1988). Regie: Béla Tarr.
- Satantango (1994). Regie: Béla Tarr.
- Werckmeister Harmonies (2000). Regie: Béla Tarr.
- A londoni férfi (2007) Regie: Béla Tarr.
László Krasznahorkais Website: http://www.krasznahorkai.hu/
Abschlussbericht
Der ungarische Schriftsteller László Krasznahorkai war im Sommersemester 2008 der neunzehnte Samuel-Fischer-Gastprofessor für Literatur am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (AVL) der Freien Universität Berlin.
Die Samuel-Fischer-Gastprofessur für Literatur wurde 1998 gemeinsam von der Freien Universität Berlin, dem DAAD, dem S. Fischer Verlag und dem Veranstaltungsforum der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck ins Leben gerufen. Im Jahr 2008 ist ihr zehnjähriges Bestehen zu feiern, wenn im Wintersemester mit dem Österreicher Raoul Schrott der 20. Gastprofessor ans Peter Szondi-Institut kommen wird. Die Jubiläumsveranstaltung findet am 29. September 2008 mit dem US-amerikanischen Schriftsteller Paul Auster als Ehrengast im Berliner Ensemble statt.
László Krasznahorkai widmete sein Seminar dem Universum des Anfangs: Anfängen als künstlerischem Phänomen und als Gegenstand philosophischen Nachdenkens. Krasznahorkai fragt: Wo beginnt die Literatur, die Kunst, ein Gedicht, ein Roman? Wo beginnt die Welt, die Zeit, die Zivilisation? Er stellte seinen Studenten Positionen antiker Autoren (Heraklit, Platon, Xenophon, Horaz, Catull) und Arbeiten europäischer bzw. westlicher Klassiker vor (Dante, Cervantes, Stendhal, Tolstoi, Dostojevski, Proust, Rilke, Joyce, Kafka, Faulkner, Borges, Pynchon); er bezog aber auch religiöse Texte in seine Überlegungen ein (Tora, Buddha) sowie insbesondere die Schriften asiatischer Denker (Konfuzius, Mori Ogai). Über Literatur und Philosophie hinaus standen Beispiele aus der Musik (Bach, Nick Cave, David Bowie, Bob Dylan) und dem Theater (das japanische No) sowie gelegentlich Filmausschnitte zur Diskussion (John Cassavetes oder Béla Tarrs Verfilmung von Krasznahorkais Satanstango).
László Krasznahorkais didaktische Konzeption beinhaltete eine faszinierende Idee: In seinen wöchentlichen Unterricht integrierte er jeweils ein live geführtes Telephongespräch mit internationalen Autoren, das für die Studierenden per Lautsprecher übertragen wurde. Das erste Interview führte Krasznahorkai mit seinem Vorgänger als Samuel-Fischer-Gastprofessor, dem Isländer Sjón in Reykjavik. Seine weiteren Gesprächspartner waren: Forrest Gander, Michael Krüger, George Szirtes, Yang Lian, Ko Un, Gabor Bachmann und Durs Grünbein.
Neben dem Seminar an der Freien Universität Berlin fanden folgende öffentliche Veranstaltungen mit László Krasznahorkai statt: eine Lesung am 24. April 2008 an der Freien Universität Berlin (unter dem Titel Sterbehilfe für Künstler); am 29. Mai 2008 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main (Dem Künstler zum Tode verhelfen); und am 30. Mai 2008 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn (in der Reihe Weltliteratur live). Es moderierte jeweils Hans Jürgen Balmes, Programmleiter im S. Fischer Verlag.
Oliver Lubrich
Berlin, 16. Juli 2008