Hinter der Schwelle. Eschatologien und Risikonarrative im Anthropozän
Workshop im Rahmen des DFG-SPP 1688 "Ästhetische Eigenzeiten" vom 6. bis 7. Juni 2019 im Konferenzraum der Friedrich Schlegel Graduiertenschule, JK33/121
News vom 10.05.2019
Mehrere Gegenwartsdiagnosen, die in den Diskussionen um Klima und Klimawandel als einem zentralen Bestandteil des Anthropozän-Diskurses derzeit formuliert werden, münden in einer Figur der überschrittenen Schwelle: Die „Alarmglocken“ hätten geläutet „und man hat sie eine nach der anderen abgestellt“ (Latour 2017, 26), die Katastrophe habe „schon stattgefunden“ (Morton 2016, 46). Mit anderen Worten: Es ist zu spät (Danowski/Viveiros de Castro 2017). Die Behauptung, dass Schwellen überschritten wurden, gründet auf Datenerhebungen zur Zusammensetzung der Atmosphäre und der Meere, zum Energieverbrauch, zum Artenbestand, zu demographischen Bewegungen etc. Die auf Grundlage dieser Daten erstellten Statistiken weisen zahlreiche bereits heute oder in naher Zukunft überschrittene tipping points aus. Im Rahmen einer linearen Zeitlichkeit mit ihrer temporal einsinnigen Kausalität wirft die Figur der bereits überschrittenen Schwelle Fragen auf. Welche Bedeutung und Funktion kommt dieser Aussage zu und welche Zeit adressiert sie: Zielt sie auf eine Zukunft, deren Kommen sie bestreitet? Ist sie Ausdruck des Bedauerns um falsche oder nicht getroffene Entscheidungen in der Vergangenheit? Oder erweist sie sich als geläufige Warnrhetorik und Diskursroutine („Die Welt ist schon oft untergegangen.“ Beck 2007, 386), die auf politisches Handeln in der Gegenwart aus ist?
Das Programm sowie weitere Informationen finden Sie hier.
Litertaurhinweise
Beck, Ulrich: Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit. Frankfurt a.M. 2007.
Danowski, Déborah/Viveiros de Castro, Eduardo: The Ends of the World, Cambridge /Malden 2017 (zuerst portugiesisch 2014).
Latour, Bruno: Kampf um Gaia. Acht Vorträge über das neue Klimaregime. Berlin 2017.
Morton, Timothy: Ökologie ohne Natur. Eine neue Sicht auf die Umwelt. Berlin 2016.