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TAMoLi Niedersachsen – Texte, Aktivitäten und Motivationen im Literaturunterricht in der Sekundarstufe I

Institution:

Institut für Deutsche und Niederländische Philologie - Literaturdidaktik

Projektleitung:

Interdisziplinäres Forschungsprojekt in Kooperation mit Prof. Dr. Andrea Bertschi-Kaufmann/PH FH Nordwestschweiz, Dr. Katrin Böhme/IQB HU Berlin, Prof. Dr. Renate Soellner/Universität Hildesheim

Förderung:

Gefördert im Programm PRO*Niedersachsen aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab

Projektlaufzeit:
01.08.2016 — 31.03.2020

In der Folge von PISA ist die Aufmerksamkeit der internationalen Bildungsforschung stark auf Reading Literacy gerichtet. Die Beschäftigung mit Literatur, ihr Stellenwert im Deutschunterricht sowie die diesbezüglichen Orientierungen der Lehrkräfte stehen seltener im Zentrum. Auch ist wenig untersucht, ob und welche Erfahrungen die SchülerInnen im Umgang mit Literatur machen und inwiefern ihre lesebezogenen Persönlichkeitsmerkmale das Unterrichtshandeln der Lehrkräfte beeinflussen. Unterrichtsnahe Forschung zu diesem Bereich fehlt im deutschsprachigen Raum weitgehend, obwohl er für die Entwicklung von Lesemotivation und Lesekompetenz eine zentrale Rolle spielt.
Zum Orientierungsrahmen für den Literaturunterricht gehören Konventionen der Textauswahl und Lehrpläne, wobei letztere für die Schulformen des Sekundarbereichs traditionell unterschiedliche Vorgaben machen. Ein Vergleich zwischen den zentralen Schulformen der Sekundarstufe I im Land Niedersachsen soll in einem Mixed-Methods-Design mögliche Unterschiede in Unterrichtszielen und -praxis so herausarbeiten, dass diese vor dem Hintergrund von tradierter Textauswahl und curricularen Vorgaben einerseits und der unterschiedlichen Nähe der Lehrkräfte zur Literaturwissenschaft andererseits erklärbar werden. Dabei werden die Ebenen Lehrkräfte, Unterricht und SchülerInnen miteinander verbunden.
Im Rahmen eines zweistufigen Designs werden qualitative und quantitative Zugänge kombiniert. Im quantitativen Studienteil werden die Lehrkräfte von ca. 60 achten Klassen verteilt auf die Schulformen Gymnasium, Real-, Haupt- und Gesamtschule sowie deren ca. 1200 SchülerInnen befragt. Die Erhebung auf Lehrerseite erfolgt mittels eines Fragebogens und richtet sich auf die Untersuchung literaturdidaktischer Orientierungen. Sie umfasst Gewichtung und Ziele von Lese- und Literaturunterricht, Textauswahl und ihre Begründung, Konventionen der Textauswahl sowie didaktische Verfahren. Schülerseitig werden Lesemotivation und -verhalten erfragt und basale sowie verständnisbezogene Aspekte der Lesekompetenz erfasst. Im Anschluss verzeichnen die Lehrkräfte über 6 Monate die im Unterricht verwendeten Texte. Dabei soll empirisch überprüft werden, ob sich die (gemäß theoretischen Erwartungen und empirischen Befunden) geringere Orientierung an literarischen Traditionen der Lehrkräfte in Real-, Haupt- und ggf. Gesamtschule so auswirken, dass die Beschäftigung mit Literatur schwächer ausfällt und ob sich die Orientierung der Lehrkräfte aller Schulformen an literaturbezogenen Schülermotivationen so auswirken, dass deren Textauswahl flexibler und der Unterricht aktivierender gestaltet werden, was schülerseitig mit größerer Lesemotivation, mehr Freizeitlesen sowie einem stärkeren lesebezogenen Selbstkonzept einhergehen sollte. Im nachfolgenden qualitativen Studienteil sollen eine videobasierte Unterrichtsstudie in 8 Klassen sowie teilstandardisierte Interviews mit denselben Lehrkräften und je 4 ihrer SchülerInnen die Validierung oder aber die Modifikation der quantitativen Ergebnisse und eine vertiefende Interpretation ermöglichen. Zudem werden differenzierte Einblicke in den Unterricht (textbezogene Aufgaben und Kommunikationen) gewonnen. In den Interviews wird die jeweilige Wahrnehmung des Lese- und Literaturunterrichts fokussiert.
Das Erkenntnisinteresse der Studie richtet sich auf den Stellenwert des Lese- vs. Literaturunterrichts in den verschiedenen Schulformen der Sekundarstufe I in Niedersachsen sowie auf den Zugang, der Heranwachsenden jeweils eröffnet wird, dies insbesondere im Zusammenhang von Konventionen der Textauswahl, dem Handeln der Lehrkräfte und der Schülermotivation. Auf ihrer Grundlage sollen konstruktive Hinweise zur Gestaltung des Literaturunterrichts in der Sek I abgeleitet werden.
Dabei wird mit Niedersachsen ein Flächenland der Bundesrepublik mit politisch einheitlichen Bedingungen fokussiert. Zugleich ist mit erheblicher Aussagekraft der Ergebnisse für den deutschen Literatur- und Leseunterricht zu rechnen. Die Studie ist als Parallelstudie zur Untersuchung TAMoLi Schweiz (SNF-Projekt Bertschi-Kaufmann/Böhme/Koop. Pieper, 1/2016-12/2018) geplant und wird auf die gleichen Instrumente zurückgreifen. Damit ergeben sich günstige forschungspraktische Synergieeffekte und besondere Möglichkeiten der nationalen und internationalen Kontextualisierung der Ergebnisse.

Zur Internetseite des Schweizer Partnerprojekts: http://www.literaturunterricht.ch/