- Vortrag im Rahmen der Universitätsvorlesung "Wer zeugt für den Zeugen? Positionen jüdischen Erinnerns im 20. Jahrhundert"
- Konzeption: Prof. Dr. Irmela von der Lühe (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie)
Eine Vortragsreihe des Instituts für Deutsche und Niederländische Philologie in Kooperation mit dem Centrum Judaicum Berlin, der Jüdischen Volkshochschule Berlin und der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien.
Im diskursiven Feld einer sogenannten „Kunst nach Auschwitz“ hat es vielfältige Versuche gegeben, der Monstrosität der Shoah mit literarischen Mitteln nahezukommen. Dabei ist nach wie vor umstritten, auf welche Weise die Künste an der Schaffung eines Erinnerungs- und Gedächtnisraumes teilhaben können. Nach wie vor müssen sie sich dem Vorwurf der Instrumentalisierung und Ästhetisierung des Schreckens stellen. Das Dilemma von Literatur und Kunst – die ihnen aufgetragene Bürde, einen gemeinsamen und möglichst verbindlichen Gedächtnisraum zu schaffen – zeigt sich in anschaulicher Weise zum Beispiel in den Diskussionen, die der Errichtung des Berliner „Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ vorausgingen. Die Instabilität der Erinnerung an die Shoah wird aber auch in solchen Diskussionen deutlich, wie sie Tomasz Gross mit seinem Buch „Nachbarn“ in Polen ausgelöst hat, das die Frage einer polnischen Mitverantwortung aufwirft.
Die Vortragsreihe untersucht diese unterschiedlichen Diskurse und stellt die Frage, inwiefern die europäisch-jüdische Literatur an der Shoah-Erinnerung teilnimmt und inwiefern umgekehrt die Shoah- Erinnerung einen europäischen Erinnerungsraum zu konstituieren vermag. Die Referentinnen und Referenten werden sich in ihren Beiträgen mit der Problematik der „Angemessenheit“ einer literarischen und künstlerischen Praxis nach Auschwitz ebenso auseinandersetzen wie mit der Frage nach den veränderten Bedingungen einer ästhetischen Erinnerungsarbeit. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Künste spielten für die Shoah-Erinnerung die Augenzeugen und Überlebenden eine herausragende Rolle; eine zweite und dritte Generation von Nachkommen der Augenzeugen hat inzwischen eine literarische und künstlerische Arbeit am Gedächtnis begonnen, die auch als Versuch beschrieben werden kann, für die Zeugen zu zeugen; und dabei neue Formen und Medien der Erinnerung erprobt.
Zeit & Ort
05.05.2011 | 16:15
Freie Universität Berlin, Hörsaal 2, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin