Nora Amin
Samuel Fischer-Gastprofessorin im Wintersemester 2004/2005
1970 in Kairo geboren, studierte Nora Amin Französisch sowie Vergleichende Literaturwissenschaft und arbeitete danach neun Jahre als Assistentin an der dortigen Akademie der Künste. Neben Seminaren zum französischen Theater und Film sowie der Betreuung von Theater-Workshops übersetzte sie eine Reihe von englischen und französischen Texten ins Arabische, darunter vor allem Beiträge zum Internationalen Festival des experimentellen Theaters in Kairo. Als Regisseurin, Schauspielerin oder Tänzerin häufig selbst der Mittel- und Angriffspunkt öffentlicher Aufführungen, wurde sie unmittelbar mit den Vorurteilen und Tabus der arabischen Gesellschaft konfrontiert, insbesondere im Zusammenhang mit dem Rollenverständnis der Frau einerseits auf der Bühne des Theaters, andererseits im von Einschränkungen der persönlichen Freiheit geprägten Alltag.
Nora Amins aktiver Einspruch gegen diese Unterdrückung zeigt sich jedoch nicht ausschließlich in provokativen Aufführungen, sondern wird begleitet von der theoretischen Reflexion in zahlreichen Essays sowie internationalen Vorträgen und Workshops. Mit ihrer im Jahr 2000 gegründeten unabhängigen Theatergruppe „La Musica“ beschreitet sie neue Wege abseits der eingelaufenen Pfade des staatlichen und des kommerziellen Theaters und sucht dabei nach Möglichkeiten zur Kooperation mit KünstlerInnen anderer Länder. Dasselbe Ziel verfolgt das von ihr initiierte internationale unabhängige Theaterfestival, das 2001 zum ersten Mal in Kairo stattfand und schon im Namen „Jadayel“ (Verflechtungen) den Wunsch nach einem produktiven Erfahrungsaustausch bekundet.
Auch in den Romanen, Kurzgeschichten und Gedichten, die Nora Amin seit 1995 veröffentlichte und die bisher nur in kleineren Auszügen ins Englische, Italienische und Deutsche übersetzt wurden, ist die Suche nach neuen Ausdrucksformen zu erkennen. Ihre Literatur steht im Gegensatz zu den einfach und klar strukturierten, meist politisch oder religiös belehrenden Werken früherer Schriftsteller-Generationen. In der Sammlung Momente der Sympathie verknüpft sie geheimnisvoll 14 Liebesgeschichten, in ihrem ersten Roman Ein rosafarbenes Hemd schildert sie den Versuch einer alleinerziehenden Frau, die Trennung von ihrem Partner durch das Verfassen einer Geschichte über einen neuen Freund zu verarbeiten. Auf diese Weise bietet gerade das Schreiben die Möglichkeit, innere und äußere Widerstände anzusprechen und zu überwinden.
Weitergehende Informationen auf den Webseiten des Peter-Szondi-Instituts für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft: