Frank Günther
August Wilhelm von Schlegel-Gastprofessor im Wintersemester 2007/2008
Nicht erst seit der Verleihung des Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreises 2001 gilt Frank Günther als einer der wichtigsten und vielstimmigsten Shakespeare-Übersetzer überhaupt, der Form und Inhalt, Originaltreue und Verständnis für den heutigen Leser gleichermaßen akzentuiert. Zu diesen Vielstimmigkeiten gehören auch die obszönen Anspielungen und Zoten, die zu Schlegels und Wielands Zeiten häufig noch als zu gewöhnlich galten, um sie wiederzugeben. Wieland etwa merkte an: “Ich habe mich genötigt gesehen, einige ekelhafte Ausdrücke wegzulassen.” Günthers Bestreben ist es dagegen, Shakespeares “eigentlich ganz direkte Sprache” einzufangen. So klingt Frank Günthers Übertragung manchen Kennern der “reineren” Übersetzungen etwas ungewohnt in den Ohren.
Frank Günther, 1947 in Freiburg geboren, wuchs in Wiesbaden auf, studierte Germanistik, Anglistik und Theaterwissenschaft in Mainz und Bochum und erlag dabei den “Verlockungen des Theaters”. Als Regieassistent beim amerikanischen Regisseur Charles Marowitz in Wiesbaden, Bochum und London entstand der Kontakt zum englischen off-off-Theater im weitesten Dunstkreis von Peter Brook, dessen Sommernachtstraum später die Initialzündung für eigene Theater- und Textarbeit gab. Nach weiteren Erfahrungen in Bochum und am Staatstheater Stuttgart arbeitete er schließlich als Regisseur in Heidelberg. Nach zwei Jahren und einem halben Dutzend eigener Inszenierungen unterbrach er die Arbeit am Theater, ging nach Amerika und lebte dort ein Jahr on the road als Tabakpflücker, Kellner und Tellerwäscher. Nach seiner Rückkehr begann er die ersten Übersetzungen elisabethanischer Dramatiker und inszenierte in Heidelberg, Bielefeld, Basel und Wiesbaden. Die Shakespeare-Übersetzerei, als Auftragsarbeit begonnen, wurde im Lauf der Jahre zur Hauptbeschäftigung, ja zur Berufung. "Eine kulturelle Großtat" nennt der Spiegel die 39-bändige Shakespeare Gesamtausgabe in Frank Günthers viel gerühmter Übersetzung. Seine modernen Bühnenvorlagen sind mittlerweile die meistgespielten im deutschen Sprachraum.