Deutsch-japanische Komparatistik im weltkulturellen Kontext
2. Deutsch-Asiatischer Studientag Literaturwissenschaft
Friedrich Schlegel Graduiertenschule, Raum JK 33/121, 2.11.2016
Konzeption und Organisation: Stefan Keppler-Tasaki (Tokyo-Todai), Yuji Nawata (Tokyo-Chuo), Tomas Sommadossi (FU Berlin)
ABSTRACT
Den dominanten Zug der jüngeren Kulturentwicklung Japans im Verhältnis zu sich selbst und seiner internationalen Umwelt hat man als „Ende der Exotik“ (Irmela Hijiya-Kirschnereit) und mit „Beyond Alterity“ (Shen/Rosenstock) umschrieben. Dabei stellt die „Normalisierung“ Japans im Zeichen weltkultureller Konvergenz neue Ausgangsbedingungen für den deutsch-japanischen Kulturtransfer her. Insbesondere eröffnet die starke Zunahme transnationaler und kosmopolitischer Lebens- und Arbeitsweisen einige kulturell komplexe und produktive Spielräume, deren Vorgeschichten und Regeln, Nutzungs- und Verständnismöglichkeiten genauer erkundet werden müssen. Das Normalisierungsparadigma verlangt zugleich eine veränderte Rückschau auf die vor fünf Jahren gefeierten „150 Jahre Freundschaft Deutschland-Japan“. Einschätzungen, dass Japan nicht ein rätselhaftes, inkommensurables und außerkategoriales Sonderphänomen sei, sondern etwa ein „zweites Amerika“ und der weltzugewandte Mitspieler einer pazifischen Moderne, lassen sich bis in die Zeit um 1900 verfolgen, begleiten und überlagen schließlich die abundanten Geisha- und Samurai-Topoi.
Der deutsche und der japanische Sprachraum bzw., im weltkulturellen Kontext, Europa und Ostasien haben jeweils eine reiche Geschichte der Schriftkultur. Literatur aus dem deutschsprachigen und japanischen Raum vergleichend zu lesen, gehört zu den naheliegenden, aber auch wichtigen Aufgaben der Literaturwissenschaft, wenn diese international oder interkulturell sein will. Dieser Vergleich kann unternommen werden, auch wenn keine direkte Einflüsse zwischen den Literaturen beider Gebiete bestehen: Literaturen lassen sich z.B. auf außerdiskursive Faktoren wie mediale Situationen hin vergleichend analysieren. Man kann Literaturen jedoch auch diskursintern vergleichen. Wie wurden verschiedene deutsche Dichter und Philosophen im Ostasien der Moderne zuerst rezipiert? Wie wurden ihre Schriften dann innerhalb Ostasiens überregional verbreitet, z.B. durch japanische Übersetzungen und den japanischen Kolonialismus? Wie wurden deutsche oder europäische Begriffe wie Geist, Kultur usw. in verschiedenen ostasiatischen Sprachen registriert? Wie sehen Begriffsgeschichten aus, wenn sie Entwicklungen des jeweiligen Begriffs in Europa und in Ostasien integrierend beschreiben?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich der 2. Deutsch-Asiatische Studientag Literaturwissenschaft unter dem Thema „Deutsch-Japanische Komparatistik im weltkulturellen Kontext“.
PROGRAMM
9:00 Uhr
Stefan Keppler-Tasaki (The University of Tokyo), Yuji Nawata (Chuo University, Tokyo)
Einführung
9:30 Uhr
Irmela Hijiya-Kirschnereit (Freie Universität Berlin)
Blicke über den Zaun – Deutsche Japanologie, japanische Kokubungaku und das „Problem“ der Philologien
Kaffeepause
10:45 Uhr
Kanichiro Omiya (The University of Tokyo)
Von Kokugaku zur japanischen Romantik
11:45 Uhr
Rebecca Mak (Freie Universität Berlin)
Bundan – Japans „literarische Bühne“ im Licht der Akteur-Netzwerk-Theorie
Mittagspause
14:00 Uhr
Shuangzhi Li (Nanjing University)
Laotze und Goethe und Du Fu und kein Ende. Goethe im komparatistischen Horizont deutscher Sinologen und chinesischer Germanisten
15:00 Uhr
Weijie Ring (Universität Erlangen)
»Spieler geraten in Verwirrung, während die Zuschauer klar sehen«. Der Chinese in Fontanes Tanz-Gedicht Aber wir lassen es andere machen – mit einer Tanzperformance
Kaffeepause
16:30 Uhr
Reika Hane (Chuo University, Tokyo)
Mythos, Geschichte, Erinnerung. Gespenster bei Oe Kenzaburo (und ihre Verwandten in der deutschsprachigen Literatur)
17:30 Uhr
Tomas Sommadossi (Freie Universität Berlin)
Pearl Harbor auf der Bühne. Zu Mark Siegelbergs unveröffentlichtem Stück Das zweite Gesicht
18:30 Uhr
Abschlussdiskussion