Idee / Moderation: Prof. Luigi Reitani, Dr. Francesco Pistolato (Udine)
Teilnehmer*innen: Prof. Rocco Altieri (Università di Pisa), Lanfranco Binni (Fondo Walter Binni, Roma), Roberto Fantini (Roma), Prof. Giuliano Pontara (Stockholms Universiteit), Prof. Dr. Werner Wintersteiner (Alpen-Adria Universität Klagenfurt)
Aldo Capitini (Perugia 1899 - ebendort 1968) spielte in der Pazifismusdebatte im Italien der Nachkriegszeit eine bedeutende Rolle. Während der sozialen Unruhen der 60er Jahre versuchte er, ein gewaltfreies politisches Programm innerhalb der Student*innenbewegung einzuführen. Capitini war der Initiator des Friedensmarschs Perugia-Assisi, der bis heute jährlich stattfindet.
Philosoph und Pädagoge, war Capitini ein Anhänger humanitärer Ideale mit christlichen Anklängen, allerdings ohne theologischen Dogmatismus und kirchliche Hierarchien. Als Theoretiker der Gewaltlosigkeit widersetzte er sich dem Faschismus. Nach dem Krieg vertrat er die Ideale religiöser Freiheit, direkter Demokratie und die Ideen des Pazifismus. Hierbei setzte Aldo Capitini immer auf ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Theorie und Praxis. In Perugia gründete er zusammen mit Gleichgesinnten die Centri di orientamento sociale („Zentren für soziale Orientierung“, seit 1944), die Centri di orientamento religioso („Zentren für religiöse Orientierung“, seit 1952), und die Consulta italiana per la pace („Italienischer Rat für Frieden“).
Seit 1956 lehrte er Pädagogik, zunächst an der Università di Cagliari, dann an der Università di Perugia.
Die bekanntesten seiner zahlreichen Publikationen sind: Elementi di un’esperienza religiosa (1937); Atti della presenza aperta (1943); Saggio sul soggetto della storia (1947); Religione aperta (1955); L’obiezione di coscienza in Italia (1959); La non-violenza oggi (1962); Scuola aperta (1967); Il potere di tutti (post., 1969) – auf Deutsch übersetzt als Technik des gewaltlosen Widerstands (1969).
Programm
9:00 |
Saluti introduttivi |
9:30 | Lanfranco Binni: Ritratto di Aldo Capitini |
10:15 | Prof. Giuliano Pontara: La base etica della nonviolenza come "persuasione" |
11:00 | Pausa |
11:30 | Roberto Fantini: Il pensiero religioso di Aldo Capitini: dalla religione chiusa alla religione aperta |
12:15 | Discussione generale |
13:00 | Pausa pranzo |
15:00 | Prof. Rocco Altieri: La teologia politica di Aldo Capitini |
15:45 | Prof. Dr. Werner Wintersteiner: Aldo Capitini: un'analisi dal punto di vista dell'educazione alla pace |
16:30 | Pausa |
17:15 | Dr. Francesco Pistolato: Aldo Capitini e Ekkehart Krippendorff: le ragioni di un confronto |
18:00 | Conclusioni |
In italienischer Sprache
In Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut Berlin
Fünfzig Jahre nach dem Tod des Philosophen, Pädagogen und Friedensforschers Aldo Capitini (1899 - 1968) beleuchtet die Tagung verschiedene Aspekte der Theorie und der Aktivitäten eines in Deutschland kaum bekannten Denkers.
Aldo Capitini spielte in der Pazifismusdebatte in Italien eine bedeutende Rolle. Als einer der Ersten berief er sich auf die Methode der Nichtgewalt von Gandhi. Nach seiner Weigerung, dem Partito fascistabeizutreten, verlor er 1936 seine Arbeitsstelle an der Scuola Normale Superiorein Pisa und war 1937 im Widerstand gegen den Faschismus Mitbegründer des Movimento liberalsocialista. Sein konsequentes Festhalten am Gedanken der Gewaltlosigkeit führte ihn zum Vegetarismus. Trotz seiner religiösen Orientierung lehnte er die Institution der Kirche ab, nicht zuletzt wegen der Lateranverträge von 1929. Auch eine Einordnung in philosophische oder politische Strömungen bleibt ihm fremd. Freiheit und Gerechtigkeit sind Leitfäden nicht nur seines Denkens, sondern ebenso seines Handelns. Nur aktive demokratische Partizipation kann nach Capitini eine gewaltfreie Gesellschaft ermöglichen. Bereits in den frühen Nachkriegsjahren ist er ein Verteidiger der Wehrdienstverweigerung. Seine zahlreichen und weit verbreiteten Schriften machen ihn zu einem aktiven Protagonisten der italienischen Öffentlichkeit von den dreißiger bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. In Perugia gründete er zusammen mit Gleichgesinnten die Centri di orientamento sociale („Zentren für soziale Orientierung“, seit 1944), die Centri di orientamento religioso („Zentren für religiöse Orientierung“, seit 1952), und die Consulta italiana per la pace („Italienischer Rat für Frieden“). Seit 1956 lehrte er Pädagogik, zunächst an der Università di Cagliari, dann an der Università di Perugia. Capitini war der Initiator des Friedensmarschs Perugia-Assisi, der bis heute jährlich stattfindet. Aus Großbritannien führt er in Italien die Friedensfahne ein.
Von seinen zahlreichen Publikationen seien erwähnt: Elementi di un’esperienza religiosa( 1937); Atti della presenza aperta (1943); Saggio sul soggetto della storia (1947); Religione aperta (1955); L’obiezione di coscienza in Italia (1959); La non-violenza oggi (1962); Scuola aperta (1967); Il potere di tutti (post., 1969).
Die Tagung untersucht seine ethische Konzeption auf Basis des Grundsatzes der Nichtgewalt und beleuchtet auch deren Grenzen. Thema ist auch die von ihm vertretene Idee einer „offenen Religion“ im Gegensatz zu einer institutionalisierten Kirche. Ein weiterer Gegenstand ist die politische Theologie von Capitini, die eine eigenständige Alternative zur Theorie von Carl Schmitt darstellt. Gezeigt wird, wie seine philosophischen, politischen und religiösen Ideen auch in seine Pädagogik einfließen. Nicht zuletzt soll die Tagung im Andenken an Ekkehart Krippendorff (1934-2018) die Ansätze der beiden Denker und Friedensforscher nach Gemeinsamkeiten und Differenzen untersuchen.
Zeit & Ort
15.11.2018 | 09:00 s.t.
Italienisches Kulturinstitut Berlin, Hildebrandstr. 2, Berlin-Tiergarten