Andrea Sakoparnig
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Die Objektivität des Ästhetischen und ästhetische Objektivität
Doktorandin
12165 Berlin
Die Objektivität des Ästhetischen und ästhetische Objektivität
Das Grundmotiv gegenwärtiger Ästhetik lässt sich als ›anti-objektivistisch‹ charakterisieren. Kunsttheorie wird heute im deutschsprachigen Raum weitestgehend als Theorie ästhetischer Erfahrung und im englischsprachigen Raum als Analyse des Begriffs ›Kunst‹ betrieben. Beide Theorieansätze arbeiten sich an einer Kunsttheorie ab, die an einem aus ihrer Sicht problematischen Verständnis von Kunst als einem objektiv Gegebenen (wie dem Kunstwerk) ansetzt. Die Kritik an einer am Werk orientierten Ästhetik führt jedoch nicht nur zu einer ›Neuakzentuierung‹ der Kunsttheorie, sondern zu einem Paradigmenwechsel, der eine am Subjekt orientierte Neubestimmung des Kunsthaften selbst zur Folge hat. Meines Erachtens hat damit eine problematische Verschiebung stattgefunden: Der Verlust an den Glauben, dass sich Kunst über ein Objektives fassen lässt, führt die Kunsttheorie nicht nur darauf, das erfahrende Subjekt als Instanz zu setzen, um so gewissermaßen ›umwegig‹ über es das Kunsthafte zu adressieren. Mehr noch: das Subjekt wird als Konstituens des Ästhetischen aufgefasst und in ihm oftmals sogar den Ort des Ästhetischen zu sehen. Damit ist ein für die Kunsttheorie entscheidender Gedanke verloren gegangen: der von der Objektivität des Ästhetischen.
Ziel meiner Arbeit ist es, den Gedanken von der Objektivität des Ästhetischen wiederzugewinnen, jedoch so, dass das Pendeln zwischen objektiver oder subjektiver Ästhetik überwunden werden kann. Dazu gehe ich folgendermaßen vor: Zunächst wird gezeigt, was mit dem Gedanken der Objektivität des Ästhetischen verbunden ist. Er wird damit als grundlegend und notwendig ausgewiesen. Anschließend werden mit der Theorie der ästhetischen Erfahrung und der analytischen Theorie, die an der Analyse des Begriffs ›Kunst‹ ansetzt, zwei Ansätze vorgestellt, die den Gedanken von der Objektivität des Ästhetischen bestreiten. Der erste Ansatz setzt wesentlich auf eine Revision der kantischen Ästhetik und spielt diese gegen die Ästhetik Hegels aus. Eine Diskussion der Ansprüche zeigt, dass auch Kants Ästhetik den Gedanken von der Objektivität des Ästhetischen nicht verabschiedet, sondern als prekären selbst hervorbringt und damit zu denken aufgibt. Gleichzeitig werden die Einwände gegen die Werkästhetik entkräftet, indem argumentiert wird, dass diese vom Objektivismus-Vorwurf gar nicht getroffen wird. Grundmotive der hegelschen und der adornitischen Ästhetik werden hierzu ins Feld geführt. Der zweite Ansatz setzt auf Analysen des Gebrauchs des Begriffs ›Kunst‹. Auch diese lassen sich nicht allein logisch, ohne Rücksicht auf objektive Gegebenheiten, durchführen. Bereits die Widerlegung dieser anti-objektivistischen Theorien soll dazu beitragen, dem Gedanken von der Objektivität des Ästhetischen Konturen zu verleihen. Gleichzeitig sollen die wesentlichen Bedenken ernst genommen werden: Die Objektivität des Ästhetischen ist nicht mit der Gegenständlichkeit gleichzusetzen, auch wenn sie gleichwohl darauf bezogen sein kann. Während dieser erste Teil kritisch, rekonstruktiv verfährt und sich an der gegenwärtigen Debatte der Ästhetik abarbeitet, ist der zweite Teil konstruktiv und macht Vorschläge zu einer inhaltlichen Fassung des Gedankens. Dies nimmt den Faden einer früheren Diskussion auf und setzt ästhetische Objektivität wieder ins Verhältnis zur nicht-ästhetischen und damit auch die Ästhetik wieder ins Verhältnis zur Erkenntnistheorie.