He Lin
He Lin
E-Mail: lin[at] schriftbildlichkeit.de
Dissertationsvorhaben
„Schriftbildlichkeit in den Notationen der klassischen chinesischen Griffbrettzither Qin - Eine vergleichende Studie“
Projektbeschreibung
Die Qin (oder auch Guqin oder Siebensaitige Qin) weist eine Geschichte von über 3000 Jahren auf. Sie gehörte mit dem chinesischen Schachspiel, der Kalligraphie und der Malerei zu den „vier Künsten“ der Gelehrten im alten China. Bis heute gilt die Qin als ein Instrument der Intellektuellen. Im Jahr 2003 nahm die UNESCO die Kunst der Guqin-Musik in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit auf.
Die vermutlich älteste überlieferte Qin-Notation war die Wen-Zi-Pu , bei der es sich tatsächlich um einen Text handelt, in dem jede Bewegung der Hände zur Tonerzeugung sowie jede feinste Nuance in ganzen Sätzen beschrieben wurde. Jedoch ist diese Notation zu weitschweifig und daher unökonomisch. So wurde während der Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.) die Griffnotation Jian-Zi-Pu (dt.: abgekürzte Notation) speziell für die Qin entwickelt. Sie gehört zu den chinesischen Schriftzeichennotationen. Obwohl die Notenzeichen aus unterschiedlichen Schriftzeichenelementen aufgebaut sind, handelt es sich um keine gebräuchlichen Schriftzeichen mehr, sondern um eine Mischung aus Bestandteilen von Schriftzeichen, die die Körperbewegungen auf dem Instrument darstellen. Die Notenzeichen sind Kombinationen aus charakteristischen Komponenten unterschiedlicher Schriftzeichen, welche die Finger der Anschlags- und Greifhand bestimmen, sowie die Nummern der Saiten und Griffmarken, welche die Stelle des Abgreifens eindeutig bestimmen. Der Übersetzungsprozess vom graphischen Zeichen zur körperlichen Aktion soll in dieser Arbeit untersucht werden, denn meines Erachtens sind einige der abgekürzten Zeichen aufgrund ihrer bildhaften Gestalt, welche den Handbewegungen des Spielers ähnelt, nicht nur symbolisch und indexikal, sondern auch ikonisch zu verstehen.
In der Jian-Zi-Pu werden die Tonhöhe und die rhythmischen Angaben nicht gekennzeichnet. So fügten im 19. Jahrhundert einige Musiker auf dem Notenblatt eines in Jian-Zi-Pu notierten Stückes eine andere Schriftzeichennotation, die Gong-Che-Pu, zur Angabe der Tonhöhe und der Rhythmen hinzu. Sie war die meist gebrauchte traditionelle chinesische Notation im 18. und 19. Jahrhundert und weist eine sehr lange Entwicklungsgeschichte (933-1911) auf. Sowohl die Jian-Zi-Pu als auch die Gong-Che-Pu enthalten die chinesische Zahlenschrift, die allerdings jeweils völlig unterschiedliche Funktionen hat. In der Jian-Zi-Pu gibt sie die Saitenzahl und den Fingersatz an, in der Gong-Che-Pu die Tonhöhe. Daher sollte hier untersucht werden, ob sie sich gegenseitig unterstützen oder eher stören. Heutzutage werden stattdessen die Ziffernschrift oder das Fünfliniensystem hinzugefügt, in die viele Musikwerke transkribiert wurden, die früher in chinesischen Schriftzeichennotationen niedergeschrieben waren. Jedoch wurde die Jian-Zi-Pu nie ersetzt. Ihre Unersetzbarkeit steht vermutlich mit der raffinierten Struktur und der Operativität der Notation auf dem Instrument Qin sowie mit der guten Wahrnehmbarkeit der chinesischen Schriftzeichen in engem Zusammenhang. Außerdem ist eine Diskussion über diese modernen Notationsmischungen aus unterschiedlichen Perspektiven notwendig.
Zudem sollen in dieser Arbeit die Problematik der kognitiven Umstellung beim Lesen prinzipiell unterschiedlicher Notationen (wie z. B. Leserichtung, Schrifttyp, Tonsystem etc.), weiterhin die verschiedenen Funktionen derselben, sowie schließlich die kulturellen, sozialen und ästhetischen Einflüsse auf die Verwendung und Entwicklung der Notationssysteme untersucht werden.
Curriculum Vitae
Seit 10/2011 |
Promotionsstipendium im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs 1458 „Schriftbildlichkeit“ an der Freien Universität Berlin |
10/2007 - 03/2011 |
Studium der Musikwissenschaft (Master of Arts) an der Humboldt Universität zu Berlin |
10/2006 - 03/2007 |
Studium der Musikwissenschaft (Master of Arts) an der Freien Universität Berlin |
Seit 2005 |
Künstlerische Leitung des "Chinesischen Akademikerchors Berlin" |
09/2002 - 07/2004 |
Lehrauftrag für Korrepetition an der Musikhochschule Xi'an |
2000 - 2004 |
Stipendiatin des Hochschulstipendium der Musikhochschule Xi'an |
09/2000 - 07/2004 |
Studium der Musikpädagogie an der Musikhochschule Xi'an (Bachelor of Arts) |