Sara Chiarini
Sara Chiarini
Email: chiarini[at]zedat.fu-berlin.de
Telefon: (030) 838-54 102
Forschungsvorhaben
“Die Nonsensinschriften der griechischen Malerei”
Projektbeschreibung
Ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. tritt in der griechischen Malerei ein außerordentliches Phänomen in Erscheinung: neben der Einfügung von Bildunterschriften, kurzen Sätzen oder Künstlerunterschriften, erscheinen auch Inschriften, die aus Reihen von Buchstaben des griechischen Alphabetes bestehen, aber keine sinnvollen Wörter der griechischen Sprache bilden. Diese Besonderheit betrifft hunderte Stücke, nicht allein Gefäße, sondern auch andere materielle Träger, die sowohl in Korinth als auch in Athen hergestellt wurden. Der Zeitraum der Herstellung erstreckt sich vom 7. bis zum 5. Jahrhundert, wobei eine besondere Konzentration im 6. Jhdt. v. Chr. zu verzeichnen ist. Trotz der markanten Eigenheit, wurde das Phänomen in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung bis dato nur sehr oberflächlich betrachtet und die Erklärungen fielen zu allgemein und unvollständig aus. Tatsächlich ist das Thema wesentlich komplexer als es die bisherigen Betrachtungen erahnen lassen und eine intensivere Auseinandersetzung mit den genannten Phänomenen scheint geboten.
Die bisherige (sporadische) Auseinandersetzung mit den Nonsensinschriften (NSI) beschränkte sich auf zwei Aspekte: Entweder wurde ihnen eine rein schmückende Funktion zugewiesen, wie es Margherita Guarducci tat, oder man berief sich auf den (mangelnden) Alphabetisierungsgrad der Maler, wie Rudolf Wachter, für den die Nonsensinschriften Nachahmungen von Buchstabenformen seitens ungebildeter Maler darstellen.
Bei einer eingehenderen Untersuchung des Materials merkt man aber, dass beide Erklärungsmuster ein solch vielschichtiges Phänomen nur unvollständig erklären können. Schnell werden Widersprüche offenbar: Es gibt nämlich sowohl NSI, die sehr unpräzise und ästhetisch nicht gefällig gemalt wurden, als auch andere, die neben sinnvollen Inschriften erscheinen oder von alphabetisierten Malern geschrieben wurden. In letzter Zeit war es Henry Immerwahr, der sich ein wenig intensiver mit dem Forschungsgegenstand beschäftigt hat, allerdings war er an der Frage der Alphabetisierung griechischer Maler generell interessiert.
Die Auseinandersetzung mit dem Material lässt leider keine einheitliche Vorgehensweise zu, da es in seiner Gesamtheit keine homogene Gattung bildet. Die Bedeutungen der vielen NSI sind wesentlich verschiedenartig. Leitende These meiner Forschungen ist aber,, dass man, neben Schmuck und Analphabetentum, bei einer Reihe von Inschriften-Exemplaren eine bewusste Wahl und Absicht seitens der Maler bei der Gestaltung der NSI annehmen sollte. Um das zu beweisen, habe ich schon einige vielversprechende Beispiele ausgewählt, aus welchen man eine gemeinsame Interpretationsmethode ziehen kann: die Erfordernis, die NSI mit der figürlichen Darstellung in Zusammenhang zu bringen und auf die räumliche Lage der Inschriften auf dem Inschriftenträger zu achten. ,In dieser Perspektive zeigt sich, dass die NSI manchmal eine übermenschliche Sprache (von Göttern oder Verstorbenen) sowie ein Wortspiel oder eine Lautmalerei andeuten könnten.
Eine solche Perspektive hat zudem den Vorzug, dass man die verschiedenen Kategorien von NSI mit parallelen Phänomenen innerhalb der griechischen Kunst vergleichen könnte. Ich beziehe mich auf:
das Epos, genauer auf solche Stellen, in denen ausgedrückt wird, dass die Götter eine fremde Sprache benutzten;
die Epigraphik, mit der NSI in der defixiones, die Verwünschungen durch „Zauberwörter“ darstellen sollen;
das Theater, nicht nur im Bezug auf die häufigen Onomatopöien und Interjektionen, sondern auch auf die Erfindung sinnloser Wörter, die eine fremde Sprache andeuten sollten. Die Komödien von Aristophanes sind in diesem Fall beispielhaft: Es genügt, an die Nonsenssprache von Triballos, dem Barbarengott der Komödie Die Vögel, zu denken.
Mein Projekt stellt einen weiteren Schritt in der von Henry Immerwahr eingeleiteten Forschungsrichtung dar. Mein Ziel ist es, einen möglichst vollständigen Katalog der Nonsensinschriften der griechischen Malerei bereitzustellen, um schließlich ein Gesamtbild dieses vielschichtigen Phänomens zu liefern.
Mein Projekt ist wesentlichen Aspekten mit dem Forschungsprogramm des Graduiertenkollegs und dessen theoretischen Prämissen verknüpft:
- Es fokussiert auf die Materialität der Schrift, insofern man die NSI als reinen Schmuck betrachtet, aber auch insofern man die inskribierte Fläche berücksichtigt;
- Es fokussiert auf die Wahrnehmbarkeit der Schrift, insofern die NSI etwa zum Anlass genommen werden, um die Frage der Alphabetisierung zu diskutieren;
Es fokussiert auf die Operativität, im Sinn der sekundären Funktion der Schrift, in allen Fällen, in denen die NSI eine göttliche bzw. magische Bedeutung haben.
Curriculum Vitae
seit 06/2011 |
Postdoc-Stipendiatin im DFG-Graduiertenkolleg 1458 »Schriftbildlichkeit« an der Freien Universität Berlin
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04/2011 |
Promotion in den Fächer Altgriechische Literatur und Archäologie an der Università Cattolica del Sacro Cuore zu Mailand (Italien). Titel der Dissertation: Commento antiquario allo Scutum Herculis (Antiquitätenkommentar zum Scutum Herculis)
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seit 12/2010 |
Wissenschaftliche Assistentin für Griechische Literatur und Griechische Grammatik an der Università Cattolica del Sacro Cuore zu Mailand (Italien)
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08/2009-10/2009 |
DAAD Forschungsstipendium für Promovierende an der Humboldt Universität zu Berlin – Institut für Klassische Philologie
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seit 02/2008 |
Verantwortliche für die IT- Katalogisierung von altertumswissenschaftlichen Zeitschriften am Centro Italiano dell’Année Philologique
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01/2008-12/2010 |
Promotionsstipendium an der Università Cattolica del Sacro Cuore zu Mailand (Italien)
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10/2004-12/2012 |
Magisterstudium der Klassischen Philologie an der Università Cattolica del Sacro Cuore zu Mailand (Italien)
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10/2001-10/2004 |
Bachelorstudium der Klassischen Archäologie an der Università Cattolica del Sacro Cuore zu Mailand (Italien)
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Publikationsliste
in Erscheinen |
L’archeologia dello Scutum Herculis, Roma; Aracne Editrice (2012)
Eine Anmerkung zu μελάνδετος , in: Glotta 89 (2013)
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2012 |
Sulla localizzazione del Tifaonio, in: Journal of Ancient Topography XX (2010), 209-216.
The temenos of Apollon Pagasaios in the Scutum Herculis, in: Journal of Hellenic Religion 5 (2011-2012), 113-124
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2011 |
Scheda 14. Porzione di coppa di forma Dragendorff-Watzinger I a, in: M.P. Rossignani - M. Sannazzaro - S. Lusuardi Siena (hrsgg.), L ’ abitato, la necropoli, il monastero. Evoluzione di un comparto del suburbio milanese alla luce degli scavi nei cortili dell ’ Università Cattolica , Milano, Vita e Pensiero, 2011, 55-57.
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2007 |
Contributi alla quaestio leonina, in: Aevum Antiquum n.s. 4 (2004), 377-413. |
Rezensionen |
N. Dietrich, Figur ohne Raum? Bäume und Felsen in der attischen Vasenmalerei des 6. und 5. Jahrhunderts v.Chr., Berlin-New York, De Gruyter, 2010, in: Bryn Mawr Classical Review 2011.06.47 (http://bmcr.brynmawr.edu/2011/2011-06-47.html)
M.-A. Ataç, The Mythology of Kingship in Neo-Assyrian Art, Cambridge, Cambridge University Press, 2010, in: Aevum 85 (2011), 245.
M. D ’ Acunto - R. Palmisciano (hrsg.), Lo Scudo di Achille nell ’ Iliade. Esperienze ermeneutiche a confronto. Atti della giornata di studi (Napoli, 12 maggio 2008) , Pisa-Roma, Fabrizio Serra, 2010, in: Bryn Mawr Classical Review 2011.01.28 ( http://bmcr.brynmawr.edu/2011/2011-01-28.html ).
Y. Seidel, Künstliches Licht im individuellen, familiären und öffentlichen Lebensbereich, Wien, Phoibos Verlag, 2009, in: Bryn Mawr Classical Review 2010.09.19 ( http://bmcr.brynmawr.edu/2010/2010-09-19.html ).
E. Hofstetter, Die Vasensammlung Lichtenhahn: Glauben, Denken und Feiern im antiken Griechenland, Wiesbaden, Harrasowitz Verlag, 2009, in: Bryn Mawr Classical Review 2010.05.37 ( http://bmcr.brynmawr.edu/2010/2010-05-37.html ).
F. Zardini, The Myth of Herakles and Kyknos. A Study in Greek Vase-Painting and Literature, Verona, Edizioni Fiorini, 2009, in: Aevum 84 (2010), 317-319.
D. Walsh, Distorted Ideals in Greek Vase-Painting. The World of Mythological Burlesque, Cambridge, Cambridge University Press, 2009, in: Aevum 84 (2010), 315-317.
S. Langdon, Art and Identity in Dark Age Greece, 1100-700 BC, Cambridge, Cambridge University Press, 2008, in: Aevum 84 (2010), 313-315.
C. Servadei, La figura di Theseus nella ceramica attica. Iconografia e iconologia del mito nell’Atene arcaica e classica, Bologna, Ante Quem, 2005, in: Poiesis 7 (2007), 481-505.
D.T. Steiner, Images in Mind. Statues in Archaic and Classical Greek Literature and Thought, Princeton-Oxford, Princeton University Press, 20033, in: Poiesis 7 (2007), 505-525. |