Teilprojekt B06
Die Aufführung der Gesellschaft in Spielen. Wandel des Regelgebrauchs bei Spiel und Arbeit
Projektleitung: Prof. Dr. Gunther Gebauer
Laufzeit: 01/1999-12/2010
Unsere Ausgangshypothese, dass sich in Spielen Figurationen von Sozialität ausprägen, die zugleich über die Spiele hinausweisen und gesellschaftliche Veränderungen anzeigen können, hat sich seit Beginn des Teilprojektes als tragfähig erwiesen. In den vergangenen drei Förderphasen wurde diese Hypothese in verschiedene Richtungen weiterentwickelt und präzisiert: Neuartige Spiele wurden auf ihre innovativen Elemente hin untersucht. Es wurde herausgearbeitet, dass dem gewandelten Spielverhalten ähnliche Veränderungen auch in der Arbeitswelt, v.a. in der Informationstechnologie, festzustellen sind. Die Einsichten aus der Analyse von Sportspielen wurden auf Arbeitspraktiken in der Software-Entwicklung übertragen, wo mit ihrer Hilfe eine empirisch-analytische Perspektivierung entwickelt werden und diese Praktiken in neuer Weise verstehend erschlos- sen werden konnten.
In der vierten und letzten Förderphase des Teilprojektes standen nun Prozesse der Herausbildung neuer Ordnungen aus Vollzügen des Spielens und Arbeitens im Mittelpunkt. Das Teilprojekt verfolgte das Ziel, solche Ordnungsbildungen empirisch beobachtend zu rekonstruieren und theoretisch-konzeptionell – v.a. in Auseinandersetzung mit Wittgensteins Konzeptionen des Sprachspiels und des Regelfolgens – an den Begriffen „Regel“ und „Regelgebrauch“ zu explizieren.
In Bezug auf die Auseinandersetzung mit den Begriffen „Regel“ und „Regelgebrauch“, die als Klammer zwischen den empirischen Analysen von Sportspielen und Organisationspraktiken in der Software-Entwicklung konzipiert war, stand die Auseinandersetzung mit Wittgensteins Konzeption des Sprachspiels im Zentrum. Hier wurde in der vom Projektleiter erarbeiteten umfänglichen Monographie Wittgensteins anthropologisches Denken (Gebauer 2009) eine neue Lesart der späteren Philosophie Wittgensteins entwickelt. Ihre methodologischen Implikationen für die Konzeption von sozialer Ordnung und Ordnungsbildung wurden in weiteren, im Teilprojekt entstandenen Veröffentlichungen ausgearbeitet. Deren Kernpunkte bilden ein Verständnis von Sprachspielen als Ordnungen, die durch Praktiken und nicht durch handelnde Subjekte konstituiert werden, sowie ein Verständnis von Regeln, das diese nicht als Einheiten betrachtet, sondern darauf verweist.
Im Folgenden wird zugunsten einer zusammenfassenden Darstellung der Forschungs- ergebnisse nicht gesondert auf die einzelnen Unterprojekte eingegangen und es werden jeweils nur die wichtigsten Projektveröffentlichungen angeführt.
Projektrelevante Veröffentlichungen der letzten Förderphase:
Gunter Gebauer: Wittgensteins anthropologisches Denken, München: C.H. Beck (becksche reihe) 2009.
Gunter Gebauer: Wittgenstein – Philosophie als „Arbeit an einem selbst“, hg. mit F. Goppelsröder/J. Volbers, München: Fink 2009.
Gunter Gebauer: Paragrana. Beiheft 4/2009: Konkurrenzkulturen in Europa. Sport – Wirtschaft – Bildung und Wissenschaft, Berlin: Akademie 2009.
Robert Schmidt: Soziologie der Praktiken. Empirische Analysen und konzeptionellen Studien. Habilitationsschrift. Fachbereich 2 „Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften“, Technische Universität Darmstadt (Januar 2010). Erscheint im Frühjahr 2011.
Robert Schmidt: Symbolische Gewalt. Herrschaftsanalyse nach Pierre Bourdieu, zus. mit V. Woltersdorff, Konstanz: UVK 2008.
Martin Stern: Stilkulturen, Bielefeld: transcript 2010.
Jörg Volbers: Theorien des Performativen. Sprache – Wissen – Praxis. Eine Kritische Bestandsaufnahme, hg. mit K. W. Hempfer, Bielefeld: transcript 2011.
Jörg Volbers: Lebensform und Selbsterkenntnis. Kritische Subjektivität nach Wittgenstein und Foucault, Bielefeld: transcript 2009.