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Das Philologische Laboratorium. Neue Modelle des Umgangs mit Kunst jenseits der Kritik

Ziel des von Michel Chaouli geleiteten Philologischen Laboratoriums ist es, Weisen der Annäherung an Sinngebilde zu entwickeln (vornehmlich aus der Literatur, aber auch aus dem Film, der bildenden Kunst, der Alltagskultur, der philosophischen Tradition), die sich nicht am waltenden Modell der Kritik orientieren. Es geht nicht darum, den Dingen „kritiklos“ zu begegnen. Eher wollen wir lernen, das in unseren Disziplinen entwickelte kritische Rüstzeug behutsamer und umsichtiger zu verwenden, um uns selbst die Chance zu geben, der eigenen Erfahrung mit Kunst gerecht zu werden. Die Kritik verdammt den Kritiker dazu, Recht zu behalten, da diejenigen, die das „Falsche“ entlarven, stets auf der Seite des Richtigen stehen. Damit bringt sich der Kritiker freilich um die Erfahrung, Dinge zu bewundern, von Neugierde getrieben zu werden, sich der Überraschung hinzugeben – kurz: in dem, was er schon weiß, übertroffen zu werden. 

Wir möchten die Bandbreite dessen, was gesehen und gesagt werden kann, erweitern. Unser Ziel ist, hermeneutische, historische, philologische und philosophische Verständnisweisen zu entwickeln, die auch ohne kritische Geste Anspruch auf Verbindlichkeit erheben. Wir gehen experimentell vor – offen für Überraschungen und von der Gefahr des Scheiterns wissend (ohne uns anzumaßen, die Methoden der Naturwissenschaften zu übernehmen). Wir wollen Wege aus der herkömmlichen Kritik finden, indem wir uns auf drei Untersuchungsbereiche konzentrieren.

  1. Genealogie der Kritik. Wir wollen uns zunächst Klarheit über die historischen und institutionellen Dimensionen der Kritik zu verschaffen. Ein zentrales Anliegen ist die Frage, wie verschiedene Wissenschaftskulturen mit diesem Begriff umgehen.
  2. Untersuchung der Alternativen zum Kritikbegriff. Um neue Umgangsweisen mit Kunstwerken und anderen Sinngebilden zu entwickeln, möchte das Philologische Laboratorium wichtige, in den letzten Jahren vorgeschlagene Alternativen auf ihre Brauchbarkeit untersuchen. Dabei stehen zwei Projekte im Mittelpunkt, nämlich neue Varianten des Realismus einerseits und andererseits Ansätze, die die „Ordinary Language Philosophy“ für die Begegnung mit Literatur und Kunst fruchtbar zu machen bestreben.
  3. Kritische Stimmen. Hier werden Einsichten aus den beiden ersten Bereichen für die Entwicklung von neuen Denk- und Schreibmodellen fruchtbar gemacht. Das Laboratorium will dazu beitragen, sowohl die Theorie als auch die Praxis der wissenschaftlichen Arbeit an Literatur nachhaltig neu zu orientieren. Das geschieht durch Kolloquien, Workshops, Vorträge, eine Tagung und die Publikation eines Sammelbandes. Dazu will das Laboratorium den Studierenden der Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule die Möglichkeit bieten, in einer Übung die eigene kritische Stimme zu verfeinern.
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