Julius Böhm
Theorie zwischen Kritik und Kommodifizierung. Globale Zirkulationsdynamiken theoretischer (Para-)Texte
Raum JK33/106
14195 Berlin
Julius Böhm ist seit Oktober 2024 Doktorand an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Exzellenzcluster Temporal Communities (RA 4: Literary Currencies), wo er bei Prof. Dr. Michael Gamper zur globalen Zirkulation von Theorie im Kontext von Kommodifizierungprozessen promoviert.
Nach einem Bachelorstudium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft und der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und der Université Paris 8 schloss er seinen Master an der Freien Universität mit einer Arbeit zu Zukunftsantizipationen und nicht-linearen Zeitlichkeiten in der Tragödie um 1800 ab.
Von 2016 bis 2019 war Julius Böhm studentischer Mitarbeiter am Dahlem Humanities Center der Freien Universität und von 2019 bis 2022 am Exzellenzcluster Temporal Communities. Im Anschluss war er bis 2024 für das Fraunhofer IPK in Berlin tätig.
Theorie zwischen Kritik und Kommodifizierung. Globale Zirkulationsdynamiken theoretischer (Para-)Texte
‚Theorie‘ im kollektiven Singular, wie sie ab den 1960er Jahren als weniger akademistisches Genre im interdisziplinären Zwischenfeld von Philosophie, Ethnologie und Literatur prominent wurde (Felsch 2016), nimmt immer wieder die Kritik einer umgreifenden Verdinglichung von Kunst oder Kultur in den Blick. Zugleich erscheint sie selbst in Warenform. Ihre Kritik wird umgeformt, kapitalistisch einverleibt und Träger hegemonialer Ideologie. Dies ist wiederum mit der Antizipation der Einverleibung durch die Theorie und mit Strategien, sich dagegen zur Wehr zu setzen, verbunden. Ziel des Projekts ist es, die Dynamiken von Kritik, Kommodifizierung und Rückgewinnungsstrategien in der globalen, räumlichen und zeitlichen Zirkulation von Theorietexten nachzuzeichnen.
Sichtbar machen lassen sich diese Dynamiken nicht nur an den Texten selbst und ihren Übersetzungen, sondern insbesondere auch bei den Paratexten und Parerga (Genette 1989; Derrida 1978). Denn Theorie ‚reist‘ nicht als frei flottierende Idee von einem Menschen, einem Ort oder einer Zeit zum bzw. zur nächsten (Said 1983), sondern in Form materieller Medien, die diese Zirkulation entscheidend bedingen. Das Projekt untersucht Theoriewerke der 1960er und -70er Jahre, aus unterschiedlichen sprachlich-kulturellen Feldern und theoretischen Richtungen, und ihre Zirkulation bis in die Gegenwart. Drei Forschungsfragen sind dabei leitend: 1) Inwieweit beeinflussen Paratexte die transnationale und transtemporale Zirkulation von Theorie? 2) Wie wird Theorie im Zuge ihrer Zirkulation transformiert und kapitalistisch einverleibt? 3) Welche Strategien werden verfolgt, sich gegen die Kommodifizierung der Theorie zu wehren und Alternativökonomien zu etablieren?
Aufsätze
- „Ein Erbvertrag als Zukunftsdeterminante. Temporalitäten des Tragischen am Beispiel von Kleists Die Familie Schroffenstein“. In: Lara Ehlis, Kerstin Kiaups, Marco Maffeis und Ben Sulzbacher [Hg.]: Literatur & Zukunft. Beiträge zum Studierendenkongress Komparatistik Wuppertal 2022. Berlin: Christian A. Bachmann 2024, S. 221–234.
- „Dramatische Temporalitäten bei und nach Szondi“. Peter Szondi-Institut, Freie Universität Berlin 2022.
Vorträge
- „Ein Erbvertrag als Zukunftsdeterminante. Temporalitäten des Tragischen am Beispiel von Kleists Die Familie Schroffenstein“, 12. Studierendenkongress Komparatistik, Bergische Universität Wuppertal, 28.05.2022.
- „Dramatische Temporalitäten bei und nach Szondi“, Szondi-Tag 2022, Freie Universität Berlin, 21.01.2022.